· 

„Wir wollen allen Kindern gleiche Chancen geben“

„Immer für die Kinder da sein“: Anita Skobl führt das Don-Bosco-Jugendwerk ganz im Sinne seines Gründers Johannes Bosco. Foto: Benjamin Kemmer
„Immer für die Kinder da sein“: Anita Skobl führt das Don-Bosco-Jugendwerk ganz im Sinne seines Gründers Johannes Bosco. Foto: Benjamin Kemmer

Bamberg (kem) – Im August 2022 endete ein Ära beim Don Bosco Jugendwerk in Bamberg. Nach 40 Jahren ging Emil Hartmann in den Ruhestand und übergab an seine Nachfolgerin Anita Skobl. Nach ihren ersten zwölf Monaten als Gesamtleiterin des Jugendwerks spricht sie mit dem Heinrichsblatt über anfängliche Herausforderungen, eigene Steckenpferde und die Freude, im Sinne Don Boscos zu arbeiten. 

 

Frau Skobl, Sie waren lange Zeit bei der Rummelsberger Diakonie beschäftigt. Was sind die Unterscheide zwischen ihrer früheren Arbeitsstelle und der Aktuellen hier in Bamberg?

Anita Skobl: Bei der Rummelsberger Diakonie habe ich mehr überregional gearbeitet. Hier habe ich vor allem mit Bamberg und Forchheim schon eine Bindung zu einer bzw. zwei Städten. Bei der Diakonie hatte ich über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier sind es mit 210 ein bisschen weniger. Aber wenn man die 100 Ehrenamtlichen mit dazuzählt, ist es ungefähr gleich. Und unsere Ehrenamtlichen sind vor allem bei den Patenschaften oder auf der Fähre wichtige Bausteine. Außerdem begeistert mich die Don-Bosco-Pädagogik, die hier natürlich ganz stark ausgeprägt und mit kirchlichen Werten verbunden ist.

 

Müsste die Don-Bosco-Pädagogik in Deutschland noch viel mehr gelebt und gelehrt werden?

Unbedingt. Es gibt in den Schulen, wie auch bei Montessori, eine Spezialisierung hin zu Don Bosco. Denn auch wenn sie schon aus dem 19. Jahrhundert ist, ist sie auch heute immer noch aktuell und passend. So hat Don Bosco gesagt, dass jedes Kind etwas kann. Wenn man dieses Talent findet, das Kind sich darin sicherfühlt, kann man es dahingehend auch fördern –wie zum Beispiel mit unserem Zirkusprojekt oder mit erlebnispädagogischen oder künstlerischen Projekten.

 

Was sind aktuelle Herausforderungen, mit denen Sie in Ihrem ersten Jahr zu kämpfen hatten?

Gleich zu Beginn hatte ich mit neuen Tarifabschlüssen zu tun. Und gerade die beschlossenen Einmalzahlungen sind sehr schwer refinanzierbar. Natürlich ist es gut, etwas für die Mitarbeitenden zu tun, da sie harte und wichtige Arbeit erledigen, teilweise auch im Schichtdienst. Das muss gut entlohnt werden. Doch dadurch müssen wir künftig auch stärker auf die Finanzen achten und ich musste von Anfang an in allen Bereichen die Finanzierung, soweit möglich, sicherstellen.

Außerdem werden wir auf dem Bamberger Maisel-Gelände ein neues, modernes Gebäude für unsere Barto­lomeo-Garelli-Förderschule bauen. Und wie die meisten sozialen Träger haben wir auch mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen und sind regelmäßig auf der Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. 

 

Wie hat sich die Jugendhilfe – auch durch Corona – verändert?

Unser Kerngeschäft ist die stationäre und teilstationäre Jugendhilfe. Wir bauen auch die ambulanten Angebote aus, je nachdem, welchen Bedarf die Kommunen in Bamberg und Forchheim haben. 

Und der ist in manchen Bereichen vor allem nach Corona stark gewachsen. Gerade die psychische Belastung von Kindern und Jugendlichen ist durch die Pandemie stark angestiegen. Und das beschränkt sich keinesfalls nur auf die Familien mit weniger Ressourcen. Viele Familien schaffen es teilweise nicht mehr, ihren Kindern hier zu helfen und fragen uns aktiv nach Unterstützung. Doch vor allem werden unsere Einrichtungen von den Jugendämtern belegt, die Kinder aus Krisen- und Notsituationen in unsere Obhut übergeben.

 

Neben den Angeboten der stationären und ambulanten Jugendhilfe gehen Sie auch speziell mit Projekten in die Schulen.

Mit unseren Zirkusangeboten und auch dem Hochseilgarten sprechen wir gezielt Schulklassen an und unterstützen die Lehrkräfte. Diese sind teilweise stark belastet – nicht zuletzt durch Flüchtlingsbewegungen, Krieg oder eben auch Corona. Wenn sie dann zu uns ins Zirkuszelt kommen, können sie in Kooperation mit uns individuell auf die Kinder eingehen, was im Klassensystem schwierig sein kann.

 

Muss man bei der oben angesprochenen Finanzierbarkeit Angst haben, dass solche Projekte dem Rotstift zum Opfer fallen könnten?

Nein, wir stehen hier sehr stabil, denn es gibt verschiedene Finanzierungsquellen. Angst muss man auf keinen Fall haben. Denn auch das ist Don Bosco: Er hatte auch dann weiter gemacht, wenn er mal kein Geld zur Verfügung hatte. Und das ist auch unser Leitsatz. Wir geben allen Kindern die gleichen Chancen!

 

Welche Projekte wollen Sie in nächster Zeit speziell angehen? Was ist Ihr Steckenpferd?

Es gibt hier schon eine sehr breite Palette an Angeboten. Ziel muss für mich erst einmal sein, all diese Angebote auch zu halten. Klar habe ich auch Vorlieben: Ich liebe es zu pilgern. Und hier haben wir ein Pilgerprojekt mit unseren Jugendlichen aus der stationären Jugendhilfe. Einmal im Jahr pilgern sie für zehn Tage. Begonnen hat es letztes Jahr in Fehmarn in diesem Jahr geht es weiter ab Lüneburg. 

Das ist eine große organisatorische Herausforderung, da inzwischen über 70 Teilnehmer mit dabei sind. Aber es bringt ihnen wahnsinnig viel, weil sie an ihre Grenzen gehen. Den Tag über auch mal ohne Handy sind und dadurch auch gute Entwicklungen zeigen.

 

Wenn Sie auf Ihr erstes Jahr zurückblicken. Fühlen Sie sich angekommen in Bamberg und bei Don Bosco?

Ich hatte großen Respekt vor der Aufgabe. Mein Vorgänger Emil Hartmann hat hier über Jahrzehnte großartige Arbeit geleistet und viel aufgebaut. Und so ein Generationenwechsel ist immer mit Vor- und Nachteilen verbunden. Aber ich denke schon, dass ich hier gut angekommen bin. Und das Gefühl bekomme ich auch von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vermittelt.