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Erfolgreicher Kampf gegen den Holzwurm

Luftdicht in Folie gehüllt waren der Kirchgattendorfer-Altar ebenso wie der vom Holzwurm befallene Riemenschneider-Altar. So konnte das eingeleitete Gas nicht nach Außen entweichen. Foto: Andreas Kuschbert
Luftdicht in Folie gehüllt waren der Kirchgattendorfer-Altar ebenso wie der vom Holzwurm befallene Riemenschneider-Altar. So konnte das eingeleitete Gas nicht nach Außen entweichen. Foto: Andreas Kuschbert

Bamberg (ku) – Es herrscht eine fast schon unheimliche Ruhe im Bamberger Kaiserdom – und das mitten unter der Woche. Nur das Brummen von Ventilatoren ist zu hören. Vor dem Dom St. Peter und Georg stehen Touristen vor verschlossenen Türen. „Gefahr – Zutritt verboten“ ist an allen Domportalen zu lesen. Drei Tage lang musste das Bamberger Wahrzeichen geschlossen werden, und der Grund dafür waren kleine Tiere, Anobien, besser bekannt als Holzwürmer. 

 

Bei einem routinemäßigen Monitoring waren nach den Worten von Carola Marie Schmidt, der Leiterin des Bamberger Diözesanmuseums, die Holzwürmer in zwei Altären im rechten Seitenschiff entdeckt worden. Der Kirchgattendorfer Altar sowie der Riemenschneider-Altar waren befallen, wenngleich sich der Befall nach der Aussage von Georg Eckert von der Firma Binker aus Lauf a.d. Pegnitz in Grenzen hielt.

 

Das Unternehmen, das weltweit in Kirchen und Museen in Sachen Schädlingsbekämpfung aktiv ist, war beauftragt worden, dem Schädling den Garaus zu machen. Die Beseitigung war unumgänglich, da die Holzwürmer durch ihre Bohrgänge massiv substanzzerstörend wirken und damit große Schäden an Kunstobjekten oder auch Holzkonstruktionen anrichten können.

 

„Für uns ist das eine alltägliche Arbeit“, so Eckert im Gespräch mit dem Heinrichsblatt. Zusammen mit seinem Kollegen hatte er die betroffenen Altäre luftdicht in Folie eingehüllt und die entsprechende Begasungsapparatur angeschlossen. Ab Montagnachmittag wurde das Giftgas eingeleitet. Die Menge richtet sich nach Eckerts Worten nach der befallenen Holzart und der Temperatur. „Je wärmer es ist, desto weniger muss eingeleitet werden,“ so der Experte.

 

Zur Bekämpfung der Anobien durch die sogenannte Teilbegasung wurde das Begasungsmittel Sulfuryldiflourid verwendet. „Wir haben intensiv überlegt, welches Verfahren wir wählen“, so Carola Marie Schmidt. Auch die Denkmalpflege war eingeschaltet worden. Am Ende entschieden sich die Verantwortlichen für das seit Jahrzehnten erfolgreich angewendete Begasungsverfahren.

 

Jeweils ein Ventilator verteilte das Gas gleichmäßig unter den über die beiden Altäre gespannten Folien. Nur ein leichtes Flattern, ausgelöst von den Ventilatoren, zeigte, dass unter den Folien etwas passierte. Über Monitore wurde die Gaskonzentration überwacht und aufgezeichnet.

 

Ganz entspannt gaben sich die beiden Experten im Gespräch. Man merkte ihnen an, dass ein solcher Einsatz gegen Schädlinge für sie zur Routine geworden ist. Im Plauderton erzählen sie von ihrer im Allgemeinen und im Bamberger Dom im Speziellen. 

 

Am Mittwochnachmittag wurden schließlich die begasten Bereiche mit Hilfe von Ventilatoren und einer mobilen Abluftanlage abgesaugt. Das Gas wurde über ein Fenster ins Freie abgeleitet, wo es sich – so die nachdrückliche Versicherung – dann sofort verflüchtigte. 

 

Am Donnerstag wurde dann der Bamberger Kaiserdom planmäßig wieder für die Öffentlichkeit geöffnet, unter die Touristen und Gläubigen konnten auch wieder die beiden zuvor behandelten Altäre betrachten.

 

Riemenschneider-Altar

 

Der Riemenschneideraltar wurde 1926 aus unterschiedlichen Skulpturen und einer vorhandenen Predella zusammengestellt, besitzt keinen Altartisch und ist rein museal ausgestellt. 

 

In der Mitte ist ein Gnadenstuhl (= Gottvater mit dem gekreuzigten Christus und der Heilig-Geist-Taube) zu sehen, seitlich je drei Heilige in Brustbildern, nämlich Heinrich und Kunigunde mit einem Kirchenmodell, Laurentius, Augustinus und zwei Bischöfe. Auf dem Mittelschrein oben sieht man die sitzende heilige Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesuskind (= sogenannte „Anna selbdritt“, eine Darstellung der drei Generationen/ „zu dritt“). 

 

Weil die Skulptur des heiligen Sebastians im Mittelschrein der Werkstatt Riemenschneiders zugeordnet wird, wurde der Altar nicht ganz zutreffend „Riemenschneider-Altar“ genannt. Die Herkunft der übrigen Skulpturen samt Predella ist nicht bekannt. Die Teile verbindet jedoch die gleiche Entstehungszeit im frühen 16. Jahrhundert.

 

Kirchgattendorfer-Altar 

 

Der Kirchgattendorfer Altar stammt aus der Zeit um 1510 und diente bis zum Jahr 1708 als Zelebrationsaltar. Er wurde ursprünglich für die Kirche von Kirchgattendorf (Landkreis Hof) angefertigt. Später hatte die Kirchengemeinde keine Verwendung mehr für ihn und er wurde im Untergeschoss des Turms abgestellt. 

 

1919 wurde der Altar wegen Geldmangel an die Pfarrei Steinwiesen verkauft, die allerdings auch die hohen Restaurationskosten nicht aufbringen konnte und ihn an die Erzdiözese Bamberg weiterverkaufte.  Am Kirchgattendorfer Altar sind in fast lebensgroßen Skulpturen Maria im Strahlenkranz und die Heiligen Katharina von Alexandrien mit Schwert und Barbara von Nikomedien mit Kelch und Hostie dargestellt. 

 

Die Innenseiten der Altarflügel tragen Reliefs aus dem Marienleben und der Kindheitsgeschichte Jesu, links oben die Verkündigung an Maria, unten die Geburt Christi, rechts oben die Heimsuchung und unten die Anbetung der Heiligen Drei Könige.  Auch die Predella ist durch Flügel verschließbar. In der Mitte ist der Tod Mariens, sowie links die Zurückweisung des Opfers Joachims und rechts Mariens Tempelgang dargestellt. Bei geschlossenen Flügeln ist Christus am Ölberg und seine Gefangennahme zu sehen.