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Zwischen Tradition und Tanzgottesdiensten

Am Pfarrhaus von St. Magdalena in Herzogenaurach wächst der Wein in Kreuzform – ein gutes Zeichen für Leitenden Pfarrer Michael Pflaum (links) und sein Team vom Seelsorgebereich Aurach-Seebachgrund. Foto: Bernd Buchner
Am Pfarrhaus von St. Magdalena in Herzogenaurach wächst der Wein in Kreuzform – ein gutes Zeichen für Leitenden Pfarrer Michael Pflaum (links) und sein Team vom Seelsorgebereich Aurach-Seebachgrund. Foto: Bernd Buchner

Herzogenaurach (buc) – Schon der wohlklingende Doppelname deutet es an: Der Seelsorgebereich Aurach-Seebachgrund setzt sich aus zwei mehr oder minder historisch gewachsenen kirchlichen Gebieten zusammen. Das eine umfasst das Stadtgebiet von Herzogenaurach sowie den westlich anschließenden Aurachgrund bis Oberreichenbach. Die drei Herzogenauracher Pfarreien St. Magdalena, St. Otto sowie St. Josef im Ortsteil Niederndorf schlossen sich schon vor etlichen Jahren zu einer Gemeinschaft zusammen. „Wir haben dann geschaut, was können wir gemeinsam machen, was ist da möglich“, erzählt Pastoralreferent Thomas Matzick.

 

St. Valentin im Mittelpunkt

 

Zum anderen Gebiet, nach Norden hin, jenseits der schmucken, 1725 geweihten Kapelle St. Valentin in Obermembach, die den geografischen Mittelpunkt des Seelsorgebereichs markiert, gehören im Seebachgrund die Pfarrgemeinden in Weisendorf sowie in Heßdorf-Hannberg mit der eindrucksvollen Wehrkirche. Diese beiden waren zuvor Teil des alten Seelsorgebereichs im Erlanger Nordwesten mit Dechsendorf, Röttenbach und Hemhofen. Während sich diese im Zuge der Strukturreform 2019 nach Erlangen orientierten, wandten sich Weisendorf und Hannberg nach Herzogenaurach.

 

Die Trennung sei aber einvernehmlich erfolgt, berichtet Pfarradministrator Johannes Saffer. „Es gab schon Diskussionen, doch wir sind nicht im Bösen auseinandergegangen.“ Viele Dinge werden noch immer gemeinsam gemacht, so die traditionellen Bittgänge oder das jährliche Zeltlager mit Dechsendorf, das früher einmal eine Filiale von Hannberg war. Weisendorf wiederum verfügte schon immer über sehr gute Kontakte nach Herzogenaurach. „Viele gehen dorthin in die Schule und zur Arbeit, es gibt viele familiäre Bindungen“, sagt Saffer.

 

Wie sind die Katholiken in Herzogenaurach und Umgebung gestrickt, welche Art von Seelsorge brauchen sie? Darauf gibt es keine einheitliche Antwort. „Es gibt welche, die eng dran sind, andere sind weit weg“, sagt Thomas Matzick. In der katholisch geprägten, durch Sportfirmen wie „Adidas“ und „Puma“ weltberühmten Stadt gebe es noch immer viele Menschen, die gerne ihren traditionellen Glauben lebten. Dekan Michael Pflaum, der im vergangenen Jahr als

Leitender Pfarrer in die ­Aurachstadt wechselte, schätzt ebenso die gewachsenen Traditionen: Sebastianiprozession, Fronleichnam, Dettelbachwallfahrt. Was Pflaum sofort auffiel: „Selbstverständlich sind der Bürgermeister und viele Stadträte da mit dabei.“ Das kannte er aus Großstädten wie Nürnberg oder Erlangen, wo er zuvor tätig war, anders. „Die Zusammenarbeit zwischen Kommune und Kirchen wird sehr harmonisch gepflegt“, so Pflaum.

 

Nur kirchliche Kindergärten

 

Doch es gibt auch jene Katholiken, die wegen der Sportfirmen, Schäffler oder Siemens nach Herzogenaurach gezogen sind und sich vom Gemeindeleben eher fernhalten. „Sie feiern gern Feste wie Taufe, oder Hochzeit in der Kirche, haben aber sonst keine große Bindung“, sagt Pastoralreferent Matzick. Doch selbstverständlich gibt es seelsorgliche Kontakte. Und wenn diese Menschen ihre Kinder in den Kindergarten schicken, bekommen sie es zwangsläufig mit einer der beiden großen Kirchen zu tun: In Herzogenaurach gibt es keine städtischen Kitas, sie sind ausschließlich evangelisch oder katholisch.

 

Eher protestantisch geprägt ist der westlich anschließende Aurachgrund, ebenso Weisendorf. „Der Ort wurde in der Reformation lutherisch, aber der Pfarrer war dann auch für die Seelsorge der Katholiken zuständig, einschließlich Sakramentenspendung“, erzählt Pfarradministrator Saffer. Die guten ökumenischen Beziehungen haben sich bis zur Gegenwart erhalten. Das ebenso ländlich geprägte Hannberg hingegen ist eine regelrechte katholische Bastion. Hier gibt es eine sehr aktive und lebendige Pfarrei mit „endlos vielen Ehrenamtlichen“, wie Pastoralassistentin Anna Schreiber schildert. Diese engagieren sich im Lauf des Jahres in ganz unterschiedlichen Aktionen und Konstellationen.

 

Bei der Wahl zum Pfarrgemeinderat im Frühjahr 2022 lag die Beteiligung bei 24 Prozent, ein Spitzenwert im Erzbistum.

Das freiwillige Engagement ersetzt im Seebachgrund die Verbandsarbeit, die hier keine Tradition hat – im Gegensatz zu Herzogenaurach. „Hier decken die Verbände einen wichtigen Teil der Seelsorge ab“, erläutert Gemeindereferentin Martina Keller. Der Katholische Deutsche Frauenbund ist hier sehr stark, auch gut vernetzt in Erzdiözese und Freistaat; in Niederndorf ist es der Kolpingverband, der nicht nur das Pfarreileben von St. Josef trägt, sondern auch in der Erwachsenenbildung zahlreiche Angebote bereithält.

 

Das Pastoralkonzept, das jeder Seelsorgebereich nach den Vorgaben des Erzbistums zu erarbeiten hatte, entstand in Aurach-Seebachgrund auf der Basis der neutestamentlichen Erzählung von der Speisung der 5000 durch Jesus – es war das Evangelium beim Gottesdienst im Oktober 2019 an der Kapelle St. Valentin, mit der die Gläubigen die Gründung des Seelsorgebereichs feierten. Die Leitfragen war nach den Worten von Thomas Matzick: „Was brauchen die Menschen, um gut leben zu können? Welche Traditionen sind es, die sie tragen? Wo sind die Orte, die ihnen Räume für seelsorgliche Angebote geben?“

 

Jugendarbeit und Chöre

 

„Die Jugendarbeit ist uns sehr wichtig“, umschreibt Gemeindereferent Bernhard Keller einen weiteren Schwerpunkt der pastoralen Arbeit. „Da liegt die Zukunft.“ Er hält es für eminent wichtig, dass die jungen Leute Räume und Mittel bekommen, um sich mit ihrem Glauben zu entfalten. Ein wichtiger Jugendbereich sind auch die von Toni Rotter geleiteten Chöre, für die Herzogenaurach weithin bekannt ist. Nach den Beschränkungen durch die Corona-Pandemie ist die Arbeit in diesem Bereich in den vergangenen Monaten wieder voll angelaufen.

 

Seit einem Jahr gehört auch Kaplan Christian Wohlfahrt zum Seelsorgeteam. Der aus der Fränkischen Schweiz stammende Geistliche sagt augenzwinkernd: „Die Herzogenauracher vermögen es, auf hohem Niveau zu jammern, weil sie gar nicht sehen, was für unglaubliche Schätze sie haben.“ Er mag die Menschen, die traditionsverhaftet und insofern „Bremsklötze“ sind („Wenn es die nicht gäbe, würde jedes Auto oder Fahrrad gegen die Wand fahren“), zugleich aber offen und begeistert für Neues. Beispiel gefällig: Der „Party People“-Gottesdienst mit neuen geistlichen Liedern und Dancefloor, Dekan Pflaum höchstselbst am Keyboard. Nächster Termin: Samstag, 28. Oktober, 20 Uhr in St. Magdalena Herzogenaurach.