Wie die Corona-Pandemie jetzt zu bewältigen ist, wird heftig besprochen. Wie es aber „nach Corona“ weitergehen soll, hat die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) der Erzdiözese beraten und eine Bamberger Erklärung 2021 erarbeitet. Geschäftsführender KAB-Diözesansekretär Ralph Korschinsky erklärte dazu im Gespräch mit dem Heinrichsblatt, die Pandemie sei Anlass darüber nachzudenken, ob man danach wieder zur alten Routine übergehen will oder wie man unsere Gesellschaft organisieren kann, um sie gerechter, solidarischer und umweltbewusster für die Zukunft zu gestalten. Inhaltlich habe dazu die KAB als Basis die Enzyklika des Jahres 2015 „Laudato Si“ von Papst Franziskus. So wird auch in der Präambel der Bamberger Erklärung aus dieser zitiert: „Es gibt nicht nur zwei Krisen nebeneinander, eine der Umwelt und eine der Gesellschaft, sondern eine einzige und komplexe sozio-ökologische Krise“ (LS139). Es bestehe die Gefahr, so ist in der Erklärung weiter zu lesen, dass nach der Pandemie alles darauf ausgerichtet wird, die wirtschaftlichen Defizite möglichst schnell aufzuholen – ohne Rücksicht auf soziale und ökologische Erfordernisse. Um dem entgegenzuwirken, bedürfe es einer starken Mitbestimmung durch Betriebsräte und Gewerkschaften. Bei den Löhnen bestehe ein „enormer Nachholbedarf“. Daher soll der Mindestlohn „als unhintergehbare unterste Grenze auf die armutsfeste Höhe von derzeit 13,69 Euro“ angehoben werden. Die KAB fordert in diesem Zusammenhang, dass häusliche Pflegearbeit und Familienarbeit „rentenrelevanter“ werden – sie müssen bei der Rentenhöhe stärker berücksichtigt werden. Gesundheitsversorgung sei Daseinsvorsorge. Markt und Wettbewerb, Preise und Gewinne hätten dabei nichts verloren. Die Privatisierung – zum Beispiel der Krankenhäuser und Altenheime – müsse Schritt für Schritt rückabgewickelt werden. Für alle Berufsgruppen im Krankenhaus müssen verbindliche Personalbedarfszahlen ermittelt und durchgesetzt werden, wird weiter verlangt. Außerdem müsse die Vergütung der Pflege, der Assistenzberufe und der Servicebereiche deutlich erhöht werden – tarifwirksam und nicht mit Einmalzahlungen. Vor der Krise handeln Die Klimakrise erfordere es, weltweit gemeinsam zu handeln. Alle Akteure seien gefragt: Politik, Wirtschaft, Kirchen und Gesellschaft, natürlich auch jede einzelne Person. Vernünftig sei es, nicht mehr nach der Krise richtig zu handeln, sondern vorher, um die Katastrophe, die unseren Planeten zerstören könnte, zu verhindern. Deshalb wolle auch die KAB Verantwortung übernehmen und mit Gleichgesinnten etwas bewegen. Die Herausforderung sei, schnell und konsequent ins Handeln zu kommen. Daher wird in der Bamberger Erklärung vorgeschlagen, dass „die Politik“ einen gesetzlichen Rahmen für den verstärkten Umwelt- und Klimaschutz errichtet. Dieser Rahmen könne zum Beispiel aus folgenden Maßnahmen bestehen aus: Subventionen, die an Nachhaltigkeitsmaßnahmen gekoppelt sind; Gesetzesvorlagen dahingehend überprüfen, wie sie sich auf Klima und Umwelt auswirken; das Einfordern von verpflichtender Transparenz der Unternehmen sowie (verbraucherfreundliche) Kennzeichnungspflicht der Produkte, damit sich Konsumenten umweltfreundlich ausrichten können. Von der Wirtschaft werden Investitionen in nachhaltige Produktionsverfahren gefordert – zum Beispiel durch Überprüfen der Produktionsketten auf Umwelt- und Klimaverträglichkeit, um den bei der Digitalisierung anfallenden hohen Energieverbrauch durch alternative Energien abzudecken; durch Erhöhen des Kostenanteils eines Produktes, der für den Transport anfällt, damit sich regionales Wirtschaften durchsetzen kann; durch klimaneutralen Einkauf des eigenen Bedarfs, um damit Firmen mit guter Umweltbilanz zu unterstützen und durch aktives Einbringen in politische Diskussionen. Für Kirchen, die ihre Vorbildfunktion deutlich machen müssen, wird erwartet, dass die KAB selbst Ökologie und Arbeit durch „Zusammendenken“ zusammen bringt – zum Beispiel durch das Wahrnehmen der Brückenfunktion zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Kirche sowie durch Bildungsarbeit das Bewusstsein der Menschen zu schärfen. Weiter steht in der KAB-Erklärung, Freiheit sei die Kraft, die uns dazu bringt, auch über uns selbst hinauszugehen. Zur Freiheit ermächtigt, wachse uns die Macht zur Eigenverantwortung und zur Verantwortung für andere zu. Die eigene Freiheit ende dort, wo die Freiheit anderer geschützt werden muss. Damit enthalte Freiheit auch eine Pflicht. Die KAB fordert daher: Eine unabhä̈ngige Kommission zur Wahrung der bürgerlichen Rechte mit Experten aus den Bereichen Justiz, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, analog der Mindestlohnkommission, dem Deutschen Ethikrat oder den „Wirtschaftsweisen“. Den gesetzlichen Rahmen dafür zu schaffen und zu verbessern, dass die Hetze, Hass und Gewaltverherrlichung im Internet konsequent verfolgt und bestraft werden. Gleiches soll auch für entsprechende Äußerungen in der Ö̈ffentlichkeit gelten. Die Plattformen im Netz zu verpflichten, Quellenangaben zu veröffentlichen und besonders herauszuheben, um die Seriositä̈t der Information prüfen zu kö̈nnen. Bei offensichtlichen Falschmeldungen seien diese zu kennzeichnen. Für Verstöße gegen diese Kennzeichnungspflicht soll der Betreiber der Plattform oder der entsprechenden Internetseite haften. Besonderes Fördern von Bildungsangeboten zu den Bereichen Freiheit und Demokratie. Kontinuierliches Überprüfen der geförderten Angebote anhand eines klaren Kriterienkataloges. Darüber hinaus soll es entsprechende Angebote in allen Schularten geben. In der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung muss die „Menschenrechts- und Demokratieausbildung“ zukünftig einen höheren Stellenwert bekommen.
Autor: Andreas Kirchhof