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Hass zeigt sich vor allem in sozialen Netzwerken ungehemmt

Antisemitische Vorfälle in Bayern gestiegen / Schuster besorgt

München - In Bayern sind 2020 genau 239 antisemitische Vorfälle erfasst worden. Das entspricht einem Anstieg von 55 Fällen gegenüber 2019, wie aus dem am heutigen Montag im Münchner Presseclub vorgestellten Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) hervorgeht. Besonders besorgniserregend sei die zunehmende Zahl von verschwörungsideologisch geprägten Vorfällen im Zuge der Corona-Pandemie.
RIAS Bayern dokumentierte demnach einen Angriff, zehn Bedrohungen, 13 gezielte Sachbeschädigungen, 27 Massenzuschriften und 188 Fälle von verletzendem Verhalten. Auffällig sei die hohe Zahl von 108 Vorfällen mit Bezug zur Pandemie. So sei etwa ein Aushang an der Universität Bayreuth über Corona-Maßnahmen mit den Worten „Jew World Order“, einer Variation des verschwörungsideologischen Begriffs von einer angeblichen „Neuen Weltordnung“ („New World Order“), beschmiert worden.
„2020 äußerte sich Antisemitismus im Rahmen von Corona-Demonstrationen offener als sonst in der Öffentlichkeit“, erklärte RIAS-Bayern-Leiterin Annette Seidel-Arpaci. Antisemitismus sei als verbindendes Element der verschwörungsideologischen Szene zu betrachten, in der sich Menschen aller politischen Couleur zusammenfänden. Gleichzeitig müsse der alltägliche Antisemitismus, der bereits vor Corona da gewesen sei und ein Fundament für die antisemitischen Inhalte auf den Demos bilde, im Blick behalten werden.
Am häufigsten spielte sich Antisemitismus mit 100 Fällen auf der Straße ab, wie es heißt. Die Zahl der Offline-Vorfälle habe von 134 auf 194 Fälle um 45 Prozent zugenommen. Den größten Zuwachs verzeichnete der moderne Antisemitismus, der sich verstärkt in Verschwörungserzählungen mit Corona-Bezug äußerte. Hier seien mit 81 Vorfällen mehr als doppelt so viele Fälle wie im Vorjahr registriert worden. In 128 (54 Prozent) der bekannt gewordenen Vorfälle spielte der antisemitische Bezug zum Nationalsozialismus und die Ermordung der europäischen Juden eine Rolle. Wie 2019 liege dieses Motiv den meisten antisemitischen Vorfällen zugrunde.
139 der bekannt gewordenen 239 Fälle (58 Prozent) hätten eindeutig einem bestimmten politischen Hintergrund zugeordnet werden könne, so der Bericht. Mit 78 registrierten Fällen stammte ein Drittel aller Fälle aus dem verschwörungsideologischen Milieu. RIAS Bayern verwies darauf, dass von einem großen Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle auszugehen sei.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigte sich besorgt. Der Trend lasse sich vermutlich in ganz Deutschland beobachten, auch in Österreich. Wer die Corona-Auflagen mit der Verfolgung und Ermordung der Juden in der Nazi-Zeit gleichsetze, relativiere den Holocaust in erschreckender Weise. „Für mich ist das ganz klar Volksverhetzung und die gehört entsprechend geahndet.“ Polizei und Justiz seien gefordert, das Recht konsequent durchzusetzen. Schuster gab zu bedenken, dass sich in den sozialen Netzwerken der Hass besonders ungehemmt zeige.

 

Autor: KNA