In den 35 Seelsorgebereichen der Erzdiözese werden derzeit Pastoralkonzepte erarbeitet
Bamberg – Was ist für die Pastoral wichtig, damit Kirche vor Ort eine gute Zukunft hat? Diese und weitere Fragen stellen sich derzeit Haupt- und Ehrenamtliche in den Seelsorgebereichen des
Erzbistums. Nach der Neuordnung der Erzdiözese in 35 Seelsorgebereiche und zehn Dekanate soll nun bis Mitte nächsten Jahres der „Innenausbau“ folgen. Ziel ist eine pastorale Neuausrichtung, die
die Kirche vor Ort zukunftsfähig machen wird, aber durchaus auch verändern kann.
„In allen Seelsorgebereichen gilt es, gute Wege zu finden, damit trotz der geänderten Rahmenbedingungen und der geringer werdenden Zahl an Hauptamtlichen weiterhin der Glaube gelebt, gefeiert,
gestärkt wird und Gemeinden lebendig bleiben“, sagt Domkapitular Hans Schieber, Leiter der Steuerungsgruppe „Pastorale Neuausrichtung“ im Gespräch mit dem Heinrichsblatt. Nach seiner Aussage
müsse der neue pastorale Raum genau in den Blick genommen werden. „Dazu braucht es einen Austausch zwischen Haupt- und
Ehrenamtlichen über Motive, Ziele und Möglichkeiten heutiger Seelsorge.“
Seit dem Beginn dieses Austausches sind eineinhalb Jahre ins Land gegangen, „und wir sind mit dem Prozess der pastoralen Neuausrichtung nicht so weit, wie wir sein wollten“, so Schieber. Als
Gründe nennt er zum einen die intensive Beschäftigung mit Verwaltungsthemen in den Seelsorgebereichen, die viel Kraft binde, zum anderen aber auch die Corona-Pandemie, die eine intensive
Zusammenarbeit in Gruppen kaum möglich machte und noch macht.
Vor diesem Hintergrund hätten die Leitenden Pfarrer bei einem Treffen Ende vergangenen Jahres die Frage aufgeworfen, ob der Prozess der pastoralen Neuausrichtung nicht ausgesetzt und der Zeitplan
über 2022 hinaus erweitert werden solle. Von Seiten der Bistumsleitung sei jedoch deutlich gemacht worden, dass an dem Zieltermin 2022 festgehalten werden soll. Hans Schieber: „Hintergrund ist
nicht nur die sachlich notwendige pastorale Neukonzeption für unsere im Jahr 2019 geschaffenen Strukturen, sondern auch die auf 2022 befristete Ernennung der Leitenden Pfarrer. Vor allem aber
geht es um die Zukunft unseres kirchlichen Lebens. Hier braucht es Weichenstellungen jetzt. Denn die Zukunft wartet nicht. Jetzt gilt es, die Zukunft zu gestalten.“
Viele Menschen mitnehmen
Da durch die corona-bedingten Einschränkungen Treffen von Haupt- und Ehrenamtlichen in den für den Prozess gebildeten Teams nicht oder nur sehr eingeschränkt stattfinden konnten, wurden die
Pastoralteams beauftragt, die Verantwortung für die Entwicklung des Pastoralkonzepts wahrzunehmen. Sie sollten aber kontinuierlich die Vorsitzenden der Gremien des Seelsorgebereichs informieren.
„Und das Team soll nie das Anliegen aus dem Blick verlieren, möglichst viele Menschen, die im Seelsorgebereich leben, einzubeziehen und mitzunehmen“, so Domkapitular Schieber.
Als entscheidend bei der Erstellung des Pastoralkonzepts bezeichnet der Leiter der Steuerungsgruppe, dass dieses Konzept „von unten“ kommt, aus dem jeweiligen Seelsorgebereich mit seinen
spezifischen Prägungen. Und diese können in Nürnberg ganz anders aussehen als in der Fränkischen Schweiz, in Hof anders als in Ansbach. Nach den Worten von Hans Schieber soll dieses neue
Pastoralkonzept – im Gegensatz zu Konzepten der Verwaltung – nicht „von oben ausgerollt“ werden, es müsse sich entwickeln. In diesem Zusammenhang zitiert er Bernhard Saffer, einen der Referenten
für Gemeindeentwicklung, der mit Blick auf die beiden Bereiche und die unterschiedliche Schnelligkeit der Entwicklung gesagt hat: „Es gibt einen guten Grund, warum die Pastoral im Vergleich zu
den Verwaltungsprozessen so langsam ist. Wir können nicht einfach Konzepte ,ausrollen‘, die in Stabsstellen entwickelt wurden. Die Pastoralkonzepte müssen vor Ort entstehen.“
Und die Bistumsleitung spricht den Haupt- und Ehrenamtlichen die Kompetenz zu, diesen Auftrag für ihren jeweiligen Seelsorgebereich zu verantworten. „Sie ermutigt, so Schieber, „zum Aufbruch nach
dem Motto: Packt die Sachen an! Wagt etwas! Habt den Mut, neue Wege zu gehen und von Liebgewonnenem und manchen alten Formen Abschied zu nehmen, ohne gleich ,alles über Bord zu werfen’.“
Für den Domkapitular dienen die Pastoralkonzepte zu einem reflektierten Handeln vor Ort, in den Gemeinden, im Seelsorgebereich. Ganz nach dem Dreischritt „Sehen – Urteilen – Handeln“ sollen die
Prozessverantwortlichen in den Seelsorgebereichen die Situation in den Blick nehmen. Nach Schiebers Worten ist ein reflektiertes Arbeiten in der Seelsorge gerade in der heutigen Zeit wichtig,
„denn sonst verfallen wir in Routine oder Aktionismus“. Und für ihn ist Corona kein Argument gegen die Entwicklung eines Pastoralkonzeptes, sondern vielmehr ein Anstoß, „erst recht nachzudenken,
wie Kirche sein kann und muss“.
Unterstützung
Unterstützung erhalten die Teams vor Ort durch eine Steuerungsgruppe, die vor zwei Jahren von der Ordinariatskonferenz eingerichtet wurde und die sich regelmäßig trifft. Zu ihr gehören neben
Domkapitular Hans Schieber und Domkapitular Professor Peter Wünsche auch Katja Straubinger-Wolf, Andrea Hengstermann, Bernhard Saffer und Engelbert Rauh (aus den Hauptabteilungen), Dr. Susanne
Krogull und Eva Russwurm (aus dem Bereich Jugendamt), Oskar Klinga vom Diözesanrat, Horst Engelhardt vom Diözesan-Caritasverband sowie Leitender Pfarrer Markus Schürrer.
Mit Blick auf die Entwicklung der Pastoralkonzepte und den durchaus strammen Zeitplan macht Hans Schieber deutlich: Was zum vorgesehenen Endpunkt Mitte nächsten Jahres der Bistumsleitung
vorgelegt und von dieser „gewürdigt“ wird, muss noch kein „formvollendetes“, sondern kann ein vorläufiges Konzept sein. So wolle man den Druck von den Teams nehmen.
Und für den Leiter der Steuerungsgruppe ist wichtig, dass die erarbeiteten Konzepte nicht in der Schublade landen, sondern eine Verbindlichkeit haben. „Auch ein möglicher neuer Leitender Pfarrer
kann das Konzept nicht einfach vom Tisch schieben“, konstatiert Hans Schieber. Andererseits seien die Konzepte nach seiner Aussage nicht festgeschrieben, sondern sollen immer wieder angeschaut,
überarbeitet und der Situation vor Ort angepasst werden. Und die Pastoralkonzepte sind für ihn „eine zu Papier gebrachte Seelsorge der Zukunft“.
Autor: Andreas Kuschbert