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Caritas-Präsident lehnt alle Gesetzentwürfe zu Suizidbeihilfe ab

München (KNA) Der scheidende Präsident des Deutschen
Caritasverbandes, Peter Neher, lehnt alle drei vorliegenden
Gesetzentwürfe zur Regelung einer geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe ab.
Alle Entwürfe gingen von einem sehr eng gefassten Autonomiebegriff
aus, den er selbst «als hoch problematisch empfinde», sagte Neher im
Interview der «Süddeutschen Zeitung» (Donnerstag).

Der Mensch sei aber wesentlich weniger autonom als gewollt; er lebe
«in Beziehungen, in Verantwortung mit und für andere». Grundsätzlich
sei das Selbstbestimmungsrecht des Menschen ein hohes Gut; «aber wenn
die Selbstbestimmung eingeschränkt ist durch psychische Erkrankungen,
durch Angst, durch Sorge, was ist dann?», fragt Neher.

«Wir wissen aus der Suizidforschung, dass maximal ein bis zwei
Prozent derer, die Suizid begehen, dies als eine autonome
Entscheidung definieren», führte der 66-Jährige aus, der selbst
einige Jahre Klinikseelsorger war. Der große Teil aber sei in einer
psychischen Ausnahmesituation. Häufiges Motiv für einen assistierten
Suizid sei auch der Wunsch, Angehörigen oder Dritten nicht zur Last
zu fallen.

Auch den Kindern und Enkeln lieber etwas hinterlassen zu wollen,
statt ihr Erspartes für Pflege auszugeben, sieht Neher nicht als
legitimen Grund für Suizid an. Der Caritas-Präsident wörtlich:
«Drehen wir das Ganze doch mal um: Was ist mit denen, die von ihren
Angehörigen mehr oder weniger explizit unter Druck gesetzt werden, um
zum Beispiel das Erbe zu retten?»; die nahelegen, es sei Zeit, das
Leben zu beenden, um weitere Lasten zu vermeiden. Neher dazu: «Ich
möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der von mir im Grunde
erwartet wird, dass ich ab einem bestimmten Alter oder einer Schwere
der Erkrankung schon wisse, was zu tun sei.»

Das Bundesverfassungsgericht hat das Verbot von geschäftsmäßiger
Suizidbeihilfe aufgehoben und den Gesetzgeber beauftragt, eine
Neuregelung zu finden. Der nächste Bundestag muss darüber
entscheiden.

Neher verweist auf die Aufgabe des Gesetzgebers, das Leben zu
schützen; er habe nun die Möglichkeiten, die Bedingungen dafür
genauer zu klären. Er fordert bessere Pflege, Palliativmedizin und
Suizidprävention, bevor assistierter Suizid ermöglicht wird. Auch den
Pflegenotstand lässt der Caritas-Präsident nicht als Argument für
eine Freigabe von Suizidbeihilfe gelten. «Es kann nicht sein, dass
wir assistierten Suizid befördern, weil das weniger kostet», so
Neher.

Autor: KNA