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Münchner Missbrauchsgutachten verzögert sich - Neue Erkenntnisse

München (KNA) – Das mit Spannung erwartete Gutachten zum Umgang mit
Fällen sexuellen Missbrauchs im Erzbistum München und Freising kommt
nicht mehr wie ursprünglich geplant in diesem Jahr. Erst Mitte Januar
2022 werden die Anwälte der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl
(WSW) ihre Erkenntnisse der Öffentlichkeit vorstellen.

Als Grund dafür nannten die Juristen am Mittwoch, man habe erst in
jüngerer Vergangenheit neue Erkenntnisse gewonnen, die nun intensiv
geprüft werden müssten. Welche das sind, dazu wollten sich die
Anwälte nicht äußern. Dabei verwiesen sie auf ihre Stellung als
unabhängige Gutachter. Auch das Erzbistum wollte sich auf Anfrage
nicht dazu äußern, da man die Untersuchung erst bei der
Veröffentlichung erhalten werde.

Das Gutachten wird nicht nur in Deutschland, sondern auch
international mit Aufmerksamkeit verfolgt. Denn es geht um den Umgang
etlicher prominenter kirchlicher Verantwortungsträger mit sexuellem
Missbrauch im Zeitraum von 1949 bis 2019. Prominentester Vertreter
ist der inzwischen emeritierte Papst Benedikt XVI., der als Joseph
Ratzinger von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising war.

Immer wieder für Schlagzeilen in Bezug auf diese Zeit sorgte der Fall
Peter H. Der im Bistum Essen auffällig gewordene Priester kam 1980
nach München. Auflage war damals, dass H. eine Therapie machen solle.
Der Geistliche wurde jedoch weiter in mehreren Gemeinden eingesetzt
und erneut übergriffig. Für die Entscheidung, H. wieder in Gemeinden
zu schicken, übernahm 2010 der ursprünglich dafür zuständige
Generalvikar Gerhard Gruber die alleinige Verantwortung.

Ebenfalls untersucht wird das Agieren der Kardinäle Michael
Faulhaber, Joseph Wendel, Julius Döpfner, Friedrich Wetter und
zuletzt Reinhard Marx. Man wolle «gegebenenfalls und soweit rechtlich
möglich» diejenigen Repräsentanten des Erzbistums benennen, die nach
Einschätzung der Juristen im Untersuchungszeitraum «möglicherweise
fehlerhaft oder unangemessen im Zusammenhang mit der Behandlung von
Fällen sexuellen Missbrauchs gehandelt haben», erklärten die Anwälte.

Die Ergebnisse werde die Kanzlei eigenverantwortlich präsentieren:
«Auch die Repräsentanten der Erzdiözese München und Freising werden
die Ergebnisse und Feststellungen unserer gutachterlichen Prüfungen
erstmals im Zuge dieser Präsentation erfahren.»

Die Münchner Kanzlei war bereits in zwei anderen deutschen Bistümern
als Gutachter tätig. Während ihre Untersuchung zu den Vorgängen im
Bistum Aachen veröffentlicht wurde, zog der Kölner Kardinal Rainer
Maria Woelki das WSW-Gutachten kurz vor der Veröffentlichung zurück.
Als Grund nannte er methodische Mängel und äußerungsrechtliche
Probleme. Erst nach der Veröffentlichung eines zweiten Gutachtens der
Kanzlei Gercke Wollschläger konnten Interessierte die
WSW-Untersuchung einsehen. Vollständig veröffentlicht wurde sie
bisher nicht.

Bereits im Jahr 2010 erstellte die Kanzlei ein erstes
Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München und Freising. Dieses
wurde mit Verweis auf Datenschutzgründe nie komplett veröffentlicht.

Autor: KNA