Solingen (epd) - Eine Woche vor der Rückkehr des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki aus seiner Auszeit fürchten Katholiken im Rheinland um die Zukunft ihres Erzbistums. „Wenn Kardinal Woelki
mit dem Machtsystem wiederkommt, das sich um ihn herum etabliert hat, werden die allerschlimmsten Szenarien wahrscheinlich“, sagte der Vorsitzende des Kölner Diözesanrates, Tim Kurzbach, dem
Evangelischen Pressedienst (epd). Er erwarte, dass dann die bereits jetzt auf Rekordniveau liegende Zahl der Kirchenaustritte weiter steigen werde, sagte der Vorsitzende der Laien-Vertretung im
größten deutschen Bistum.
„Das Schlimmste ist, dass jetzt nicht nur die Menschen austreten, die schon lange keinen Bezug mehr zur Kirche haben, sondern die Katholiken aus der Mitte der Gemeinde“, beklagte der Solinger
Oberbürgermeister und SPD-Politiker. In den Gemeinden herrsche „eine Mischung aus Frust, tiefer Verärgerung, tiefer Verletzung und einem unendlich großen Vertrauensverlust“. Durch die derzeitige
Entwicklung werde „ein ganzes Bistum emotional fast ans Ende geführt“.
Papst Franziskus hatte Woelki im vergangenen Herbst eine fünfmonatige geistliche Auszeit gewährt, aus der er am 2. März, dem Aschermittwoch, zurückkehren soll. Der Kardinal steht vor allem wegen
seines Umgangs mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen sowie mangelhafter Kommunikation mit den Gläubigen in der Kritik.
Kurzbach sieht keine Anhaltspunkte für Veränderungen nach Woelkis Rückkehr. „Die Auszeit hat keines der Probleme gelöst“, sagte er. Es gebe auch keine Anzeichen für eine Dialogbereitschaft des
65-jährigen Kardinals, nachdem dieser rund eine Woche vor seiner Rückkehr seine Teilnahme an zwei Gottesdiensten am 2. und 5. März abgesagt habe. Die Gläubigen hätten lediglich aus einer
Pressemitteilung erfahren, dass Woelki nicht wie geplant beim traditionellen Aschermittwoch der Künstler im Kölner Dom das Aschenkreuz austeilen werde, kritisierte Kurzbach.
Woelki hatte angekündigt, sich stattdessen in einem Hirtenbrief und einer Medienmitteilung an die Gläubigen zu wenden. Dieses Verhalten werfe Fragen auf, sagte Kurzbach. „Ist ein Bischof, der
sich nicht mitten in seine Bischofskirche stellt und mit den Gläubigen in einen Dialog tritt, eigentlich noch Bischof?“ fragte der Vorsitzende des Diözesanrates. Jetzt müsse der Papst
entscheiden, forderte Kurzbach: „Rom trägt eine große Verantwortung für die Zukunft dieses Bistums.“
Einen Fortschritt in Richtung Reformen hält Kurzbach mit Woelki an der Spitze des Erzbistums für unwahrscheinlich. Der Kardinal habe sich stets gegen die Ergebnisse des Synodalen Wegs, des
katholischen Reformdialogs, ausgesprochen. Kurzbach appellierte an die Kirchenleitenden, „das Volk Gottes als Ganzes als Kirche anzusehen und ernst zu nehmen und das, was an Veränderungen
deutlich wird, jetzt auch anzugehen“. Der immense Vertrauensverlust in die katholische Kirche sei auch dadurch entstanden, dass Katholiken, die Reformen einfordern, zu lange beiseite geschoben
worden seien.