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Urteil schafft Klarheit

Bamberg (KNA) – Kann die Gewährung von Kirchenasyl strafbar sein? Dazu gibt es erstmals in Deutschland ein letztinstanzliches Urteil. Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayOLG) bestätigte am vergangenen Freitag in Bamberg den Freispruch eines Ordensmanns und verwarf die Revision der Staatsanwaltschaft. Gegen die Entscheidung können keine Rechtsmittel mehr eingelegt werden. Anklagebehörde und Verteidigung äußerten sich zufrieden mit dem Urteil.
Der Münsterschwarzacher Benediktiner Abraham Sauer hatte 2020 in seinem Kloster einen abgelehnten Asylbewerber aus dem Gaza-Streifen aufgenommen, dem nach der Dublin III-Verordnung die Abschiebung nach Rumänien drohte. Rumänien war das Land, über das dieser in die Europäische Union eingereist war.
Das Amtsgericht Kitzingen erkannte im Handeln des Ordensmanns zwar eine Straftat, sah ihn aber durch einen Gewissenskonflikt entschuldigt und verhängte keine Sanktion. Wegen eines Corona-Ausbruchs im Kloster hatten weder er noch andere Mönche an der Verhandlung teilnehmen können.
Das BayOLG bestätigte das Urteil der ersten Instanz im Ergebnis, nicht aber die Begründung. Entscheidend sei nicht die Gewissensnot des Angeklagten gewesen, sondern dass er keine Straftat begangen habe. Der Tatbestand einer Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt sei nicht erfüllt. Die bloße Gewährung von Unterkunft und Verpflegung reiche nicht aus.
Wer Kirchenasyl gewährt, ist demnach nicht verpflichtet, es auch aktiv zu beenden, wenn eine erneute Härtefallprüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zu einer Ablehnung führt. Eine Pflicht zu aktivem Handeln zur Beendigung des dann unerlaubten Aufenthalts bestehe nur aufseiten des Flüchtlings und der Behörden, so die Vorsitzende Richterin Susanne Aulinger.
Der Anwalt des Angeklagten, Franz Bethäuser, sagte, es werde dadurch leichter, Ordensleute, die Kirchenasyl gewährten, vor Strafverfolgung zu bewahren. Er vertritt in ähnlich gelagerten Verfahren eine Oberzeller Franziskanerin und die Äbtissin von Kirchschletten, Mutter Mechthild Thürmer, die die Revisionsverhandlung im Gerichtssaal mitverfolgte. Die Verfahren waren mit Blick auf die Entscheidung des BayOLG ausgesetzt worden.
Urteilsbegründung
Ausführlich ging die Richterin in ihrer Urteilsbegründung auf die Vereinbarung zwischen Staat und Kirche zum Umgang mit Kirchenasyl von 2015 ein. Seither muss für jeden Aufgenommenen ein Dossier an das Bamf übermittelt werden. Bis zum Abschluss der erneuten Prüfung hat der Flüchtling schon nach bisheriger Rechtsprechung einen Anspruch auf Duldung.
In der Absprache drücke sich eine rechtswirksame Selbstbindung der Behörden aus, erläuterte die Richterin. Es sei nicht so, dass die Verwaltung Kirchenasyle nur tatenlos hinnehme. Sie kooperierten dabei auch mit den Kirchen. Deshalb könne einem Kirchenvertreter, der sich strikt an die Absprache halte, kein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden.
Strafbarkeitsrisiken für Kirchenasyl Gewährende verbleiben jedoch, wenn sie das sogenannte Dossierverfahren gezielt unterlaufen, betonte die Richterin. Auch dürften sie Asylbewerber nach Zustellung des Ablehnungsbescheids nicht dazu überreden oder darin bestärken, weiter im Kirchenasyl zu bleiben.  …

Den ausführlichen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe ­10/2022