Nürnberg (us / buc) – Sie gelten als wichtige Schnittstelle zwischen „drinnen“ und „draußen“, Kirche und Alltag – seit mehr als 50 Jahren sind auch im Erzbistum Bamberg Ständige
Diakone tätig, aktuell sind es 54. Bei einem Studientag „Wanderer zwischen den Welten“ im Nürnberger Caritas-PirckheimerHaus (CPH) gab es Gelegenheit zu Austausch und Diskussion, Workshops und
Vorträgen. Nicht zuletzt über das Bild des Diakons und seine Verortung innerhalb der katholischen Kirche.
Immer wieder animiere Papst Franziskus dazu, „die Ränder aufzusuchen“, betonte etwa Referent Max-Josef Schuster, der über den „Ort des Ständigen Diakons im Raum der Kirche jenseits von
Klerikalismus und Sakralität“ sprach. Ob über alltägliche Randerfahrungen oder über gelebte Nächstenliebe innerhalb der klassischen Diakonie – als Vermittler zwischen Alltags- und Liturgiewelt,
als Netzwerker und Brückenbauer leisteten Diakone wertvolle Dienste, auch in der Liturgie. Schuster machte seinen Zuhörern Mut, mit Gesten zu experimentieren: Warum beispielsweise zur
Gabenbereitung neben Wasser und Wein nicht auch eine ganz konkrete Sammlung von Dingen für die Mittellosen zum Altar bringen? Oder das Evangelium durch die Reihen der Gläubigen tragen, damit jede
und jeder Einzelne sich von der Schrift berühren lassen könne.
Auch bezüglich frei formulierter Fürbitten bat Schuster um Mut und Vertrauen in Menschen, die als Getaufte und als Volk Gottes zusammen kämen; „Empowerment“ (Selbstbefähigung) nennt das der
Diplomtheologe und kirchliche Organisationsberater. Er regt dazu an, noch mehr über Klerikalismus nachzudenken, erlebe man doch mancherorts noch immer eine mittelalterliche Zweiteilung zwischen
Laien und Klerikern. „Muss das so bleiben?“ fragte Schuster sein Publikum. Er lud ein, „kleine Zeichen zu setzen und dran zu bleiben“, ist der Meinung, „dass sich was ändern muss“, denn es gehe
um nicht weniger als die Haltung, „die wir ausstrahlen“.
Diakone, so der bischöfliche Beauftragte, Domkapitular Hans Schieber, seien vielfach in Grenzbereichen des Lebens unterwegs; er erlebe die Gruppe der Diakone als selbstbewusst und mit einem
Potenzial an Entfaltungsmöglichkeiten ausgestattet. Eingebunden dort, wo Menschen „leben, leiden und hoffen“, spendeten sie Trost, wo dieser nötig sei und unterstützten, wo Wunden geheilt werden
wollten, erläuterte Ausbildungsleiter Michael Schofer, der – selbst Diakon – zugleich Leiter der Arbeitsstelle Ständiger Diakonat und Männerseelsorger im Erzbistum ist. Er wünscht sich „mutige
Entscheidungen“ von der Kirche, insbesondere in Sachen Frauendiakonat.
Wertvolle „Netze der Verbundenheit“ knüpfen Diakone laut Matthias Reményi vom Lehrstuhl für Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaft der Julius-Maximilians-Universität
Würzburg. In seinem Vortrag schlug er eine Brücke von der „Kirche als Sakrament des Heils“ über die Theologie des Diakonats bis hin zu den Bereichen Leitung, Macht und Ämter. Kirche, so der
Theologieprofessor, habe eine werkzeugliche Funktion: „Je transparenter sie ist, umso besser kann sie diese Funktion wahrnehmen“, sagte Reményi. Eine „entrückte Sonderwelt“ sieht er als nicht
zielführend an und ist überzeugt davon, dass Kirche nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht habe, Frauen sakramental zu Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen zu weihen.
Diakone sieht er gerade in Zeiten des Übergangs als Chance, doch seien sie nicht zu verwechseln mit „kirchlichen Sozialarbeitern“. Als Gesandter einer Autorität, Bote oder Kurier, als Mittelsmann
und „Dazwischengeher“, erfülle der Diakon die Aufgabe eines Bevollmächtigten oder Repräsentanten. Wichtig bei dieser Grenzgängerschaft, wie Reményi diese Aufgabe nennt, sei die Überlegung: „Woher
komme ich? Wer hat mich gesandt? In welche Lebenswelt werde ich geschickt? Was will und kann ich erreichen?“
Wie das Amen zum Gebet
In einer Diskussionsrunde zum Abschluss des Studientags, die von Schofer und Diakon Christoph Gahlau moderiert wurde, brach Erzbischof Ludwig Schick eine Lanze für den Berufsstand: „Für mich
gehört das Diakonat zur Kirche wie das Amen zum Gebet.“ Schon in der Heiligen Schrift werde das Amt genannt, durch das Diakonat als bloße Durchgangsstation zum Priestertum sei es allerdings
„verdunkelt“ worden, fügte Schick unmissverständlich hinzu. Er warb zugleich dafür, alle drei Weiheämter (Diakonat, Priestertum, Bischofsamt) mit ihren je eigenen Aufgaben „im Dienst am Volk
Gottes“ zu betrachten.
Der Erzbischof wandte sich entschieden dagegen, Diakone als „geweihte Hilfspriester“ zu betrachten, und wiederholte sein Plädoyer, das Diakonat auch für Frauen zu öffnen. Er verwies auf die viel
diskutierte theologische Formel „non ad sacerdotium, sed ad ministerium“ im Konzilsdokument „Lumen gentium“, derzufolge Ständige Diakone nicht zum Priestertum, sondern zum Dienst geweiht werden.
Dann, so Schick, müsste man nicht gleich die ganze Frage des priesterlichen Dienstes mitdiskutieren.
Auf die Frage, warum das Diakonat für Frauen nicht komme, wenn alle es doch wollten, konnte der Erzbischof nur sagen: „Das Kirchenrecht verbietet es.“ Ein Bischof, der Frauen weihe, würde zum
Schisma seiner Diözese beitragen. Er könne nicht sagen, wann das Frauendiakonat komme, unterstrich Schick, der nur 48 Stunden vor dem Studientag von Papst Franziskus im Vatikan zu einer
Privataudienz empfangen worden war. „Er weiß meine Meinung“, erwiderte er auf die Frage, ob das Thema bei dem Gespräch berührt worden sei.
Mit Blick auf die gegenwärtige theologische Diskussion um das Diakonat sagte der emeritierte Theologe Ottmar Fuchs, es sei wohl nicht die beste Strategie, „das Diakonat herabzustufen und den
Frauen zu geben“. Fuchs, der viele Jahre in Tübingen praktische Theologie lehrte, zeigte sich skeptisch, was eine Öffnung des Weiheamts angeht; er sprach von „relativer Hoffnungslosigkeit“ in
dieser Frage. Grundsätzlich betonte der Wissenschaftler, die Kirche habe im Bereich des Glaubens keinerlei Renommé mehr, allenfalls in der Diakonie.
Ute Zeilmann, Alttestamentlerin und Dozentin bei Theologie im Fernkurs (Würzburg), verwies darauf, dass verheiratete Diakone eine große Chance seien, „Vielfalt hereinzubringen“. Auch andere Ämter
sollten Erfahrungen mit Familien einbringen können. Zum Frauendiakonat stellte Zeilmann die Frage, wer dies eigentlich festlege: „Nicht die Theologie, sondern männliche kirchliche
Entscheidungsträger.“ Theologie, ergänzte die ehemalige Bamberger Pastoralreferentin, „kann auch anders sein. Sie ist Gott verpflichtet, nicht den Strukturen auf der Erde.“
Wann kommt Frauenweihe?
Mit dem Diakonat der Frau – ob und wann immer es kommen mag – wäre der Zutritt zu den anderen Ämtern nicht erledigt, „kann es nicht sein“, sagte Erzbischof Schick. „Das wäre aber ein Stück weit
eine andere Diskussion.“ Schon zuvor hatte der Bamberger Oberhirte darauf verwiesen, dass er sich als Theologieprofessor bereits ein Jahrzehnt lang mit dem dreifachen Amt in der Kirche befasst
habe. „Ich könnte das näher ausführen. Aber das wäre dann halt Theologie.“ Zum Schluss zeigte sich Schick erneut dankbar für die „tatkräftigen“ Diakone im Erzbistum; weitere seien auf dem Weg.
„Ich möchte, dass wir eine Kirche sind, die die frohe Botschaft verkündet und wo die Menschen die Fülle des Lebens mitbekommen. Dafür brauchen wir Diakone.“
Näheres im Internet unter www.diakone-bamberg.de