Berlin/London (epd) - Alle 48 Sekunden verhungert in Ostafrika laut Schätzungen von Hilfsorganisationen ein Mensch. Die internationale Gemeinschaft habe im Kampf gegen die
vermeidbare Hunger-Katastrophe in Äthiopien, Kenia und Somalia wiederholt versagt, erklärten Oxfam und „Save the Children“ bei der Veröffentlichung einer entsprechenden Studie am Mittwoch. „Die
Menschen in Ostafrika hungern nicht, weil es der Welt an Nahrung oder Geld mangelt, sondern weil es an politischem Mut fehlt“, erklärte die Geschäftsführerin von Oxfam International, Gabriella
Bucher. „Hunger ist die Folge politischen Versagens.“
Die Zahl der Menschen, die in Somalia, Kenia und Äthiopien unter extremem Hunger leiden, habe sich seit 2021 von zehn Millionen auf über 23 Millionen mehr als verdoppelt, erklärten die beiden
Organisationen. Rund ein Jahrzehnt, nachdem bei der großen Dürre von 2011 allein in Somalia fast 260000 Menschen gestorben sind, scheine eine rasche und umfassende Hilfe erneut nicht zu gelingen.
Die bislang zugesagten Gelder reichten bei weitem nicht. Die schnellen und umfassenden Reaktionen auf Krisen wie den Krieg in der Ukraine oder Covid-19 zeigten, dass die Staatengemeinschaft
erfolgreich Ressourcen mobilisieren könne, um Leid zu mindern - „aber nur, wenn sie den festen Willen dazu hat“, betonte Bucher.
Der Bericht „Gefährlicher Aufschub 2: Die Kosten der Untätigkeit“ kommt zum Schluss, dass die betroffenen Länder, die Staatengemeinschaft und Hilfsorganisationen trotz deutlicher Alarmsignale und
einiger Fortschritte im Kampf gegen Dürre und Hunger immer noch zu zögerlich handeln. Verkrustete Bürokratien und eigennützige politische Entscheidungen verhindern der Studie zufolge eine
schnelle globale Reaktion auf Hungerkrisen.
Jede Minute, die verstreiche, bringe hungernde Kinder dem Tod näher, warnte die Ostafrika-Expertin von „Save the Children“, Kijala Shako. Laut den Vereinten Nationen könnten mehr als 350000
Kinder allein in Somalia verhungern, wenn nicht sofort gehandelt werde. „Wie können wir damit leben, wenn wir es wieder geschehen lassen?“
Die Organisationen fordern unter anderem schnelleres Handeln auf frühe Warnungen sowie flexible und sofortige Nothilfe in Höhe von 4,4 Milliarden US-Dollar, wovon mindestens ein Viertel direkt an
lokale Helferinnen und Helfer gehen müsse. Kenia, Äthiopien und Somalia sollten ihre sozialen Sicherungssysteme ausbauen und mindestens zehn Prozent ihrer Haushalte für die Landwirtschaft
bereitstellen. Der Bericht ist eine Neuauflage einer Studie von 2012 nach der tödlichen Dürre in Somalia.