Coburg (ku) – Auch wenn ich schon viele Unternehmen besucht habe, an einer solchen Produktionsstätte war ich bislang noch nie.“ Erzbischof Ludwig Schick zeigte sich beeindruckt von der Präzision,
mit dem im Coburger Unternehmen Waldrich Maschinen gefertigt werden, die anschließend in vielen Teilen der Welt zum Einsatz kommen. Über das Unternehmen, das auf eine über 100-jährige Geschichte
zurückblicken kann, informierte sich der Bamberger Oberhirte bei seinem Betriebsbesuch, bei dem er vom Leiter der Arbeitnehmerpastoral, Dr. Manfred Böhm, Betriebsseelsorger Norbert Jungkunz sowie
Leitendem Pfarrer Peter Fischer und Pfarrvikar Andreas Stahl begleitet wurde.
Tilmann Meyer, seit 2016 Personalleiter bei Waldrich, gab zum Auftakt des Treffens einen geschichtlichen Überblick auf das Unternehmen, das 1920 von den Ingenieuren Adolf Waldrich und Emil Hardt
gegründet wurde, damals unter dem Namen Globuswerke mit Sitz in der Coburger Innenstadt. Zu Beginn beschäftigten sie sich mit der Reparatur von Werkzeugmaschinen, begannen aber schon bald mit der
eigenen Entwicklung von Glasbearbeitungsmaschinen.
Dieser Geschäftszweig entwickelte sich so gut, dass die vorhandenen Räumlichkeiten rasch zu klein wurden. Deshalb kaufte man 1926 ein Grundstück mit einem Fabrikgebäude im Hahnweg und siedelte
dorthin um, wo sich auch heute noch der Firmensitz befindet.
Ständige Neukonstruktionen und die Entwicklung des ölhydraulischen Antriebs waren der endgültige Durchbruch für das Unternehmen, das 1970 mit 1000 Mitarbeitern die größte Belegschaftsstärke
erreichte. Aktuell beschäftigt Waldrich Coburg, das im Jahr 2005 von einem chinesischen Unternehmen übernommen wurde, rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Tilmann Meyer zeigte auf, dass man von Coburger Seite sehr zufrieden mit dem chinesischen Eigentümer sei, wurden doch seit der Übernahme 60 Millionen Euroin den Standort Coburg investiert. Und so
werden am Firmensitz in der Vestestadt heute hochgenaue Portalfräsmaschinen, Vertikaldrehmaschinen und Schleifmaschinen gefertigt. Maschinen, die zum Beispiel bei der Bearbeitung von
Dieselmotoren-Gehäusen im Kraftwerks- und Maschinenbau, im Werkzeug- und Formenbau zum Einsatz kommen.
Stolz ist man von Unternehmensseite nach den Worten von Meyer auf seine Auszubildenden, die nach einer erfolgreichen Lehrzeit auch zum großen Teil übernommen werden. Zudem betonte der
Personalleiter, eine lange Betriebszugehörigkeit bei Waldrich fast schon eine Selbstverständlichkeit sei.
Doch die vergangenen zwei Jahre mit all ihren Einschränkungen sind auch an der Werkzeugmaschinenfabrik nicht spurlos vorübergegangen. So ist die Belegschaft als Reaktion auf die Schwächung des
Marktes durch die Pandemie und aktuell durch den Krieg in der Ukraine in Kurzarbeit. „Und wir haben einen relativ hohen Krankenstand“, sagt Meyer. „Unsere Mitarbeiter tun sich zunehmend schwerer,
mit den äußeren Einflüssen zurecht zu kommen.“ So seien auch die zunehmenden psychischen Erkrankungen zu erklären. Nach Meyers Worten sei es ein großes Anliegen der Geschäftsführung, die
Belegschaft auf den „Pfad der Veränderungen“ mitzunehmen. „Es ist wirklich eine schwierige Zeit, in der wir alle zusammenrücken müssen.“
Welche Auswirkungen der Krieg in der Ukraine auf das Unternehmen hat, zeigt sich beim Rundgang durch die Werkshallen. Dort stehen – zum Teil zum fertig verpackt – zwei Maschinen, die eigentlich
nach Russland und die Ukraine geliefert werden sollen; die verhängten Sanktionen machen dies zurzeit jedoch unmöglich.
Eine wichtige Anlaufstelle in diesen Zeiten ist für die Belegschaft der Betriebsrat, wie dessen beide Vertreter Jürgen Schindhelm und Detlef Wittmann während des Treffens betonten. Nach den
Worten von Jürgen Schindhelm gebe es ein gutes Miteinander zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung. „Und wir haben einen sehr guten Austausch mit unserem Freund Norbert Jungkunz von der
Betriebsseelsorge, der uns schon des öfteren weitergeholfen und uns Wege aufgezeichnet hat.“
Nach dem Rundgang, bei dem er auch immer wieder das Gespräch mit den Arbeitern suchte, betonte Erzbischof Ludwig, dass er seit Jahren regelmäßig zusammen mit der Betriebsseelsorge und den
Geistlichen vor Ort Unternehmen im Erzbistum besuche, um sich über die Situation der Firmen, vor allem aber auch über die Lage der Mitarbeiter ein Bild zu machen.
„Wir wollen als Kirche die geleistete Arbeit wertschätzen, aber auch die Arbeitgeber, die dafür sorgen, dass Arbeit da ist“, so der Erzbischof. Als Kirche sei man vor allem daran interessiert,
dass es den Menschen bei ihrer Arbeit gut geht. Schick: „Deshalb ist mein Appell an die Geschäftsführungen bei meinen Besuchen immer: Geht gut mit den Menschen um.“
Denn ganz nach der Regel des heiligen Benedikt müssten die Arbeitgeber immer wieder darauf schauen, dass jeder Mitarbeiter das arbeite, was er könne, nicht mehr und nicht weniger.