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Katholikentag: Suche nach Orientierung in einer unsicheren Welt

 

Stuttgart (epd) - Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und der Corona-Pandemie ist die Welt unvorhersehbarer geworden. Mehr Orientierung für ein Leben in unsicheren Zeiten sucht der vom 25. bis 29. Mai 2022 in Stuttgart stattfindende 102. Deutsche Katholikentag unter dem Leitwort „leben teilen“. Fünf Tage lang will das Christen-Forum die großen Zeitthemen wie Klimawandel, Flucht und globale Sicherheit diskutieren. Auf dem Programm stehen auch die laufende Kirchenreform Synodaler Weg und der Missbrauchsskandal.
Die Mitte des 19. Jahrhunderts gegründete Katholikentags-Bewegung grenzte sich lange selbstbewusst vom Protestantismus ab. Doch seit den 1960er Jahren rücken die Kirchen immer enger zusammen. Die Katholikentage und evangelischen Kirchentage werden immer ökumenischer - auch abseits der bisherigen drei Ökumenischen Kirchentage 2003 in Berlin, 2010 in München und 2021 in Frankfurt am Main. Davon zeugt etwa die Teilnahme namhafter Protestanten.
Die Themen des Synodalen Wegs haben an vielen Stellen Eingang ins Katholikentag-Programm gefunden. Am 27. Mai etwa gibt es eine Podiumsdiskussion zur externen Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche, teilte die gastgebende Diözese Rottenburg-Stuttgart mit. Einen Tag zuvor wollen Frauen unter dem Stichwort „Überlebenskünstlerinnen“ über Missbrauch in der Kirche berichten. Gefragt wird auch, was queere Menschen vom Synodalen Weg erwarten können.
Zum Thema Corona erklären die Veranstalter, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK): „Wir planen einen sicheren Katholikentag trotz einer immer noch andauernden Corona-Pandemie.“ Ziel sei es, sichere Veranstaltungen zu ermöglichen und „gleichzeitig einen Schritt zur Normalität zu wagen“, heißt es auf der Homepage. Offener Diskurs, menschliche Begegnungen und das gemeinsame Feiern des Glaubens „waren nie nötiger als heute“.
Zum letzten Katholikentag im nordrhein-westfälischen Münster im Mai 2018 kamen nach Angaben der Veranstalter 50000 Dauergäste und 25000 Tagesteilnehmer. In Stuttgart gehen die Organisatoren nach eigenen Angaben von einer Besucherzahl von bis zu 30000 Menschen aus. Diese erwartet in der baden-württembergischen Landeshauptstadt ein umfangreiches Kulturprogramm: Konzerte, Kino, Tanz, Kunst und Literatur, Ausstellungen, Kabarett und Theater - mehr als 200 Veranstaltungen laden auf dem Katholikentag laut Veranstaltern „zum Erleben und Staunen ein“. Mehr als 100 Bands, Chöre und Einzelkünstlerinnen und Künstler seien ausgewählt worden.
Zum Eröffnungsgottesdienst am 25. Mai wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schlossgarten erwartet. Dabei wird ein drei Meter breiter und etwa 80 Meter langer Martinsmantel erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Der riesige Martinsmantel erinnert an den heiligen Martin von Tours aus dem vierten Jahrhundert, der seinen Mantel mit einem Bettler geteilt haben soll. Er soll im Abschlussgottesdienst in Stuttgart geteilt und an viele Orte als Erinnerung an den Katholikentag weitergegeben werden.
Aus dem politischen Berlin haben sich zum Austausch neben Steinmeier Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sowie Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (beide Grüne) angekündigt. Erwartet werden zudem Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sowie Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). An vielen Orten in Stuttgart will auch Baden-Württembergs Ministerpräsident, der bekennende Katholik Winfried Kretschmann (Grüne), präsent sein.
Der Schlussgottesdienst am 29. Mai steht unter dem Leitwort „Sie sollten alle eins sein - damit die Welt erkennt!“. Daran nehmen der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, und der gastgebende katholische Bischof Gebhard Fürst (Rottenburg/Neckar) teil. Dann wird der Präsident des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentags in Nürnberg im Jahr 2023, Thomas de Maiziére, den ökumenischen Staffelstab übernehmen. Der 103. Deutsche Katholikentag ist vom 29. Mai bis 2. Juni 2024 in Erfurt geplant.