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Bischof Genn gesteht Fehler ein

Münster (epd) – Im Bistum Münster haben Kleriker von 1945 bis 2020 einer Studie zufolge mindestens 610 Minderjährige sexuell missbraucht. Das Dunkelfeld sei vermutlich bis zu zehnmal größer, teilte das fünfköpfige Wissenschaftsteam um die Professoren Thomas Großbölting und Klaus Große Kracht bei der Vorstellung der Studie mit. Die Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ verlangte, dass die Kirche nicht mehr selbst für die Aufklärung sexuellen Missbrauchs verantwortlich sein sollte.
Der Studie zufolge waren die meisten Missbrauchsopfer zwischen zehn und 14 Jahren alt, ein Viertel von ihnen waren Mädchen. Die Forscher schätzten die mutmaßlichen Missbrauchshandlungen auf 5700. Aufgabe der Kirche sei nun Wiedergutmachung, Bestrafung der Täter – soweit möglich – und Prävention. Die Studie geht von etwa 196 beschuldigten Klerikern aus. Die Dunkelziffer liege wahrscheinlich bis zu fünfmal höher, hieß es. Konkret handele es sich um 183 Priester, einen ständigen Diakon und zwölf Ordensbrüder. Viele (etwa 40 Prozent) seien keine Einzel-, sondern Wiederholungstäter gewesen. Ein kollektives Versagen der Personalverantwortlichen habe den Missbrauch ermöglicht, erklärte Studienleiter Großbölting, der mittlerweile an der Universität Hamburg lehrt.
Bis in die 2000er Jahre hätten Institutionenschutz sowie Täterfürsorge dominiert. „In den Akten haben wir kaum Anzeichen der Empathie und Sorge für die Betroffenen gefunden“, schreiben die vier Historiker und eine Sozialanthropologin. Bei etwa 90 Prozent der Beschuldigten sei es nie zu strafrechtlichen Konsequenzen gekommen. Die Taten seien systematisch vertuscht, die Täter in der Regel nur versetzt worden. Wegen des Führungsversagens sei es Tätern möglich gewesen, über viele Jahre hinweg weiter Missbrauch zu begehen. Großbölting sprach von „desaströsen Zuständen“ im Bistum. Vielfach haben der Studie zufolge auch die Gläubigen in den Gemeinden selbst weggeschaut und zur Vertuschung beigetragen.
Der Münsteraner Bischof Felix Genn hat persönliche Fehler im Umgang mit der Aufklärung und Verhinderung von sexualisierter Gewalt durch Priester eingestanden. „Insbesondere war ich in den Anfangsjahren als Bischof von Münster bei manchen Auflagen, die ich Beschuldigten gemacht habe, zu milde und habe nicht hart genug durchgegriffen“, sagte Genn zu den Ergebnissen des Missbrauchsgutachtens.   …


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Ausgabe ­26/2022