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Kirche muss „ein gutes Angebot“ machen

Erzbischof Ludwig nahm sich am Nachmittag Zeit, um mit Familien ins Gespräch zu kommen.           Foto: cid
Erzbischof Ludwig nahm sich am Nachmittag Zeit, um mit Familien ins Gespräch zu kommen. Foto: cid

Bamberg (cid) – Es gibt nicht viele Gelegenheiten, bei denen sich kinderreiche Familien treffen können, bei denen sie ihre Kinder gut betreut wissen und bei denen ausreichend Platz für ein Gespräch mit Familien in ähnlichen Situationen stattfinden kann. Der Erlebnis- und Begegnungstag für kinderreiche Familien, der im Erzbistum vor rund zehn Jahren erstmals stattfand, ist eine solche. Nach einer pandemiebedingten Pause freuten sich die Veranstalter, die von Erzbischof Ludwig Schick gegründete „Familienstiftung Kinderreich“ und der Familienbund der Katholiken und die Katholische Elternschaft im Erzbistum Bamberg, nun erneut Familien zu einem gemeinsamen Nachmittag begrüßen zu können.
45 Familien, das heißt, 90 Erwachsene und 180 Kinder aus dem Gebiet der Erzdiözese, trafen an einem der heißesten Tage der letzten Woche auf dem Gelände des Don Bosco Jugendwerks zusammen. Familien mit Kindern sind einiges an Strapazen gewöhnt und so schienen die tropischen Temperaturen selbst den Kleinsten eher wenig auszumachen. Die Organisatoren und ein großes Team von Mitarbeitenden trugen alles dazu bei, dass sich alle Altersgruppen wohl fühlten.
Mehrkindfamilien hatten in den letzten beiden Jahren ganz besonders mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Sicherheitsverluste, permanente Belastung, eine Änderung der familiären Situation durch zuhause arbeitende Eltern, Ängste der Kinder infolge von neuen schulischen Situationen und auch der Ukrainekrieg sind nur einige davon. Einen Ausgleich sollte da dieser gemeinsam verbrachte Tag leisten.
Mehrere Stunden hatten die Kinder die Gelegenheit, sich auf dem großen Gelände des Don Bosco Jugendwerks, vor dem Hintergrund der Domtürme, auszuprobieren. Die Kleinsten durften malen und basteln, die Größeren einen Spieleparcours absolvieren und sich dadurch ein Eis „erarbeiten“. Eine weitere Gruppe konnte ihre Fähigkeiten im Hochseilgarten erproben oder Zirkuskünste erlernen. Die großen Geschwister erkundeten unterdessen ihre Standfestigkeit im Kanu oder als Stand-Up-Paddler auf der Regnitz.
Gesprächsangebote
In dieser Zeit kümmerten sich fünf Gastgeber um die Sorgen und Anliegen der Eltern. „Kindliche Ängste und Sorgen ernst nehmen und altersgerecht begegnen“ waren fünf Gesprächsangebote im Zirkuszelt überschrieben. Ansprechpartnerin war zum Beispiel Susanne Heim.
Die Schulpsychologin besprach mit den Eltern das Thema „Leistungsdruck und Prüfungsangst“. Woran erkennt man dies bei den Kindern und was kann man tun? Erzieherin Lydia Heilmann nahm die Vorschulkinder in den Blick und fragte, wie man schwierige Situationen meiden und gestärkt daraus hervorgehen kann. Die Eltern steuerten viele Ideen bei, wie man im Familienalltag bewusst einmal innehalten kann, wie man auf die Interessen der Kinder eingehen und sie widerstandsfähig machen kann.
Wie können Interessen von Familien noch stärker dort vertreten werden, wo politische Entscheidungen getroffen werden? Im Gespräch mit Christiane Kömm, der Vorsitzenden des Familienbundes, der sich als Interessenvertretung für Familien einsetzt, wurde mehr Rücksichtnahme auf Familien gefordert. „Wir wollen selbst entscheiden, welches Familienmodell wir leben wollen“, wünschten sich Eltern. Nachteile im Arbeitsalltag wurden benannt. Und: „Frauen werden manches Mal so behandelt, als ob sie bei der Geburt eines Kindes ihre Intelligenz abgegeben hätten“, sagte Kömm.
Zahlreiche Anliegen kamen auch bei Erzbischof Ludwig Schick zur Sprache, der sich den Nachmittag über Zeit für die Mehrkindfamilien nahm. Wie bringe ich meinen Glauben in den Familienalltag hinein, welchen Stellenwert haben dort Gebet, Kirche, Gottesdienstbesuch? Der Kirchgang war für etliche der Eltern in ihrer Jugend ein Teil des Sonntags gewesen. Dort konstituierte sich auch Gemeinschaft. Heute treffen Kinder, die zum Beispiel ministrieren, auf immer weniger Gleichaltrige, mit denen sie diese Erfahrung teilen können. „Der Wert von Kirche und Glauben, von geistlichem Leben muss wieder deutlicher werden“, wünschte sich Schick.
Aus den Gesprächen nahm er aber auch mit, dass in den Pfarreien „ein gutes Angebot“ gemacht werden muss, damit dort Gemeinschaft erlebt werden kann. Pfarreien sollten „Orte des Lebens“ sein. Dies verstand er auch als Aufforderung an das kirchliche Personal. Kirche müsse sich ändern und noch menschenfreundlicher werden, so sein Resümee. Dies wolle er an die Gemeinden weitergeben.
Entlastend wirkten für die Eltern nicht nur die Gespräche. Stefanie Linz, Psychologin beim Don Bosco Jugendwerk, forderte sie auf, auf ihren Körper zu hören und sich selbst Entspannungseinheiten zu gönnen. Sie stellte einige Achtsamkeitsübungen vor.
Mit einem Gebet und der Segnung jeder einzelnen Familie durch Erzbischof Schick wurde ein Teil des Erlebnistages abgeschlossen. Danach durften sich die Familien bei einem Picknick auf der Don Bosco-Wiese für den Alltag stärken.
Vorbereitet und koordiniert hatten den Familientag Wolfgang Eichler vom Fachbereich Ehe und Familie der Erzdiözese Bamberg und Petra Heckel vom Don Bosco Jugendwerk. Eltern äußerten sich begeistert von der „perfekten Organisation“ und lobten das gute Programm für die Kinder aller Altersstufen. Ein eigener Tag zusammen mit der Familie sei für sie etwas sehr Wertvolles.