Lindau (epd) - Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) fordert von den Religionen eine klare Positionierung und ein gemeinsames Wirken für den Frieden in der
Ukraine. Gerade im Hinblick auf die russische Aggression, die nicht zuletzt auch vom russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. befeuert werde, hätten die Religionen dabei eine große
Verantwortung, sagte Schavan am Donnerstag beim ersten Lindauer Peace-Talk. Sie gab zu bedenken, dass die Kluft zwischen den Kirchen, die im Ukrainekrieg hervortrete, schon seit Jahrhunderten
bestünde.
Um sich vom Patriarchen Kyrill I. zu distanzieren, habe sich die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche nach dem Konzil im Mai 2022 von Moskau losgesagt, berichtete Sergij Bortnyk von der
Ukrainisch-Orthodoxen Kirche in Kiew. Bis dahin sei seine Kirche der russischen Kirche untergeordnet gewesen. Durch das Konzil gehöre man nun nicht mehr zum russischen Patriarchen Kyrill I. Man
bleibe zwar in Kontakt und es sei keine Spaltung, aber man wolle keine russische Propaganda unterstützen.
Was Kirche vor Ort in der Ukraine leiste, davon erzählte der live aus Odessa zugeschaltete katholische Bischof Stanislaw Schyrokoradjuk. In seiner Kirche würden jeden Sonntag sechs und an den
übrigen Wochentagen vier heilige Messen gefeiert und es kämen viel mehr Menschen in den Gottesdienst als vor dem Krieg. Der Krieg vereint nach seiner Ansicht die Kirchen in der Ukraine.
Schyrokoradjuk sagte, das wirksamste Mittel gegen den Krieg sei das Gebet. Dennoch setze sich seine Kirche auch für humanitäre Hilfe ein. Geistliche Hilfe solle nicht mit leeren Händen dastehen,
betonte er.
Die „Stiftung Friedensdialog der Weltreligionen und Zivilgesellschaft“ hat mit dem Lindau Peace-Talk ein neues Gesprächsformat gestartet, um über den Frieden zu diskutieren. Im ersten Talk ging
es um den Ukrainekrieg. Dem Veranstalter zufolge soll im Herbst ein zweiter Peace-Talk folgen.