Bamberg – Im Gegensatz zu vielen anderen Büchereien ist die Bibliothek des Metropolitankapitels Bamberg kaum im Fokus der Öffentlichkeit, dabei besteht die 1822 neu gegründete Institution seit
inzwischen 200 Jahren. In ihrem Bestand sind Bücher vom Mittelalter bis zur Gegenwart, wahrlich erlesene Kostbarkeiten. Die Ausstellung „Erlesen“, die seit dieser Woche im Bamberger
Diözesanmuseum zu sehen ist, zeigt bis zum 13. September eine außergewöhnliche Sammlung historischer Drucke und Bücher aus Wissenschaft, Theologie und kirchlichem Alltag.
Wer meint, dass in der vor 200 Jahren wieder erstandenen Bibliothek als Nachfolgerin der von Kaiser Heinrich II. gestifteten Dombibliothek, die im Zuge der Säkularisation 1803 zerschlagen wurden,
nur neueres Schriftgut lagert, der irrt sich. „Vieles wurde nach München geschafft“, betonte die Leiterin der Hauptabteilung Kunst und Kultur, Dr. Birgit Kastner, in ihrer Begrüßung. „Aber Vieles
ist auch nach Bamberg zurückgekommen, manches zumindest als Digitalisat.“
Die Ausstellung „Erlesen“ zeigt in vier Räumen und einem Gang die Bibliothek als Bewahrerin von kirchlichem Kulturgut, wie Bibliotheksleiterin Maria Kunzelmann ihrem einführenden Vortrag
erläuterte. Prachtvolle Bücher vom 14. bis 21. Jahrhundert vermitteln gemeinsam mit Zeugnissen des Volksglaubens einen Einblick in die Sammlungsgeschichte einer geistlichen Bibliothek nach der
Säkularisation. Die Werke aus Klöstern, Sakristeien oder aus Privatbesitz erzählen die bewegte Geschichte der Entstehung einer neuen Sammlung nach dem Verlust der seit dem Mittelalter bestehenden
Dombibliothek. Hinweise wie Exlibris, Stempel und Besitzeinträge dokumentierten die besondere Bedeutung der Bücher.
Die Bedeutung kirchlicher Bibliotheken hob Erzbischof Ludwig Schick in seiner Ansprache während der Ausstellungseröffnung hervor. Während Museen seiner Aussage nach das „Gedächtnis kirchlicher
Kunst“ seien, sind kirchliche Bibliotheken das „Gedächtnis des Geistes“. So würden Bücher gesammelt, erhalten und zur Verfügung gestellt als ein Ausdruck des Geistes und zum Gedächtnis. „Wer
dieses Gedächtnis verliert, der verliert auch die Gegenwart und die Zukunft“, so der Bamberger Oberhirte. Und er betonte, dass das Gedächtnis auch dazu da sei, um etwas in Erinnerung zu rufen,
weil es bedeutend ist und weil es die Gegenwart und die Zukunft gestalten und Impulse geben kann.
Dem universalgelehrten Büchersammler und Bamberger Dominikanerpater Pius Brunnquell – ihm ist ein Raum in der Ausstellung gewidmet – ist es zu verdanken, dass die in Staatsbesitz übergangene
Dombibliothek durch seine Stiftung 1822 einen Neuanfang fand. Viele weitere Nachlässe von Geistlichen, aus Klöstern und aus der Bürgerschaft vom 19. Jahrhundert bis heute haben die Bibliothek des
Metropolitankapitels in den vergangenen 200 Jahren nicht nur auf 200 000 Bände anwachsen lassen, sondern sie auch zu einer bedeutenden Forschungsbibliothek werden lassen, die auch öffentlich
zugänglich ist. Zusammen mit der Bibliothek des Priesterseminars nimmt sie die Funktion der Diözesanbibliothek ein.
Für Carola Marie Schmidt, der Leiterin des Diözesanmuseums, zählt das Stundenbuch des heiligen Thomas Morus zu den besonderen Ausstellungsstücken. „Für dieses wohl einzige Stundenbuch, in
den sich der englische Lordkanzler als Taufpate eingetragen hat, sind nun die Namen einiger Vorbesitzer bekannt, was zeigt, wie wichtig Menschen sind, die Kulturgut aufbewahren“, so Schmidt.
Andreas Kuschbert
INFO
Die Ausstellung „Erlesen“ ist bis zum 13. September zu besichtigen, täglich (außer Mittwochs) von 10 bis 17 Uhr, Sonntags von 12 bis 17 Uhr.
Weitere Informationen zur Ausstellung im Internet unter www.dioezesanmuseum-bamberg.de