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Missbrauchsfälle: Münchner Erzbistum will schonungslose Transparenz

München (epd) – Das Münchner Erzbistum will im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs auf "schonungslose Transparenz" setzen. Die Erzdiözese stelle sich ihrer Verantwortung, indem sie "diesen Weg der schonungslosen Offenlegung des Geschehenen" gehe, um notwendige Veränderungen voranzutreiben, sagte Generalvikar Christoph Klingan. "Helfen und Schützen ist unsere Intention." Der Betroffenenbeirat äußerte sich auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit Blick auf die Ankündigung zurückhaltend.

 

Man sehe sich als Kirche "natürlich in besonderer Verantwortung, das Geschehene aufzuarbeiten, Transparenz zu schaffen, uns den Opfern zuzuwenden und nicht zuletzt alles zu tun, damit Missbrauch in der Kirche heute und in Zukunft bestmöglich verhindert werden kann", sagte Klingan weiter. Es gebe aber immer noch Optimierungspotenzial,

"wir sind da in einem Prozess". Im vergangenen Jahr seien der Betroffenenbeirat und die Unabhängige Aufarbeitungskommission eingerichtet worden.

 

Auch sei die Zahl der unabhängigen Ansprechpersonen, die Hinweisen auf sexuellen Missbrauch nachgehen sollen, auf drei erhöht worden. Nun stünden ein Jurist, eine Psychologin und eine Sozialpädagogin zur Verfügung. Inzwischen gebe es auch eine telefonische Anlauf- und Beratungsstelle für Betroffene. Zusätzlich könnten sich Betroffene an eine der nichtkirchlichen Fachberatungsstellen wenden, mit denen die Erzdiözese entsprechende Kooperationsverträge habe.

 

Der Sprecher des Betroffenenbeirats, Richard Kick, sagte dem epd, dass all diese Maßnahmen wichtig und gut seien. Viel wichtiger sei es jedoch, dass das Erzbistum endlich Empathie zeige, auf die

Betroffenen zugehe oder ihnen einen Brief schreibe, in der die Kirche Verantwortung für das Geschehene übernehme. Das alles sei bislang nicht passiert. Seit 2010 seien Fälle sexuellen Missbrauchs im Erzbistum München in größerem Ausmaß bekannt. Kardinal Reinhard Marx habe sich seither erst einmal mit Betroffenen getroffen - im März 2022 zu der vom Betroffenenbeirat initiierten Gesprächsrunde "Betroffene hören".

 

Auch die Rolle der Aufarbeitungskommission, die auf Ansinnen der Deutschen Bischofskonferenz und der Bundesregierung in jeder Diözese nach verbindlichen Kriterien arbeiten soll, sieht Kick nicht erfüllt. Daher sei er im vergangenen Februar aus dem Gremium auch ausgetreten. Die Kommission soll unter anderem Fälle sexuellen Missbrauchs unter die Lupe nehmen sowie den Umgang des Erzbistums mit den Tätern und aufzeigen, inwiefern bestimmte Strukturen sexuellen Missbrauch ermöglichen konnten. Das alles sei bisher nicht geschehen, kritisierte Kick.

 

Auch das Beratungsangebot der Erzdiözese sei zwar schön, aber vor allem auf Betroffene in München ausgerichtet, sagte Kick. Jemand, der außerhalb wohne, könne nicht zu einer Beratung oder einer Therapie nach München kommen. Außerdem seien Traumatherapeuten rar gesät, vor allem außerhalb der großen Städte. Das Erzbistum sei zwar bemüht, die Aufarbeitung voranzutreiben und Anlaufstellen einzurichten. Den Betroffenen selbst komme all das aber nur bedingt zugute, sagte Kick.

 

Das Münchner Erzbistum sieht sich seit Jahren mit Fällen sexuellen Missbrauchs konfrontiert. Neue Brisanz erhielt das Thema im Januar 2022, als ein unabhängiges Gutachten der Anwaltskanzlei "Westpfahl Wastl Spilker" veröffentlicht wurde, in dem von mindestens 497 Opfern sowie 235 Tätern, darunter 173 Priestern, die Rede war. Die Gutachter gingen aber von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus.