Frankfurt a.M. (epd) - Die Anliegen Betroffener sexualisierter Gewalt sollten nach Meinung des Sprechers des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes
Norpoth, beim Synodalen Weg besser berücksichtigt werden. Fragen der Missbrauchs-Aufarbeitung und Anerkennung gerieten zunehmend in den Hintergrund, sagte Norpoth bei einem Online-Pressegespräch
vor Beginn der vierten Synodalversammlung des katholischen Reformprozesses Synodaler Weg am Donnerstag in Frankfurt am Main.
Bis heute hätten die Bischöfe kein für die Opfer befriedigendes System zur Anerkennung des Leids installiert, kritisierte Norpoth. Gespräche zwischen dem Betroffenenbeirat und der
Bischofskonferenz seien im Augenblick auf Eis gelegt. Er stelle zwar fest, dass mit viel Arbeit und Engagement diskutiert werde, wie die katholische Kirche in Zukunft zu einem sicheren Ort
gemacht werden könne. Doch es gebe kaum Bemühungen, sich mit dem Thema Aufarbeitung und Anerkennung auseinanderzusetzen, sagte Norpoth. Die sicherlich in den kommenden Monaten auf die Bistümer
zurollende Klagewelle sei schlicht Ausdruck einer massiven Unzufriedenheit der Betroffenen.
Derzeit ist eine Zivilklage eines Betroffenen beim Landgericht Köln anhängig, der vom Erzbistum Köln 800000 Euro Schmerzensgeld fordert. Der Fall ist ungewöhnlich, da der beschuldigte Geistliche
bereits tot ist und die Taten aus juristischer Sicht eigentlich verjährt sind. Dass eine Klage dennoch möglich ist, begründet der Anwalt des Klägers mit der sogenannten Amtshaftung der Kirche als
öffentlich-rechtliche Institution. Dies muss nun juristisch geklärt werden.
Norpoth betonte die Notwendigkeit weiterer Bemühungen für die Aufarbeitung des Missbrauchskandals, nachdem jüngst neue Vorwürfe gegen den früheren Bischof und Geschäftsführer des katholischen
Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Emil Stehle, bekannt geworden waren. Stehle, der 2017 starb, soll Priestern, denen Strafverfolgung in Deutschland drohte, geholfen haben, in Lateinamerika
unterzutauchen. Norpoth sagte, der Fall zeige, dass die katholische Kirche damit zum „Ort organisierter Kriminalität“ geworden sei.