Frankfurt a.M. (epd) - Der ukrainische Schriftsteller, Übersetzer und Musiker Serhij Zhadan (48) hat am Sonntag zum Abschluss der diesjährigen Frankfurter Buchmesse in
der Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten. In seiner auf Deutsch gehaltenen Dankesrede kritisierte er europäische Intellektuelle, die von Frieden redeten und damit meinten,
auch die Ukrainer sollten ihre Waffen niederlegen. „Es gibt keinen Frieden, wenn das Opfer der Aggression die Waffen niederlegt“, sagte der Schriftsteller.
Appelle an Menschen, die ihr Leben verteidigen, sie sollten die Waffen niederlegen, seien ein „falscher Pazifismus“: „Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden!“, betonte Zhadan. Europa müsse
sich der neuen Wirklichkeit stellen, in der es Massengräber gebe, in denen Ukrainer liegen, russische Konzentrationslager für gefangene Ukrainer, zerstörte Städte, ausgebombte Schulen,
vernichtete Bücher und tausende Tote. „Wir sind für die Zukunft verantwortlich“, sagte Zhadan. „Sie entsteht aus unserer Verantwortungsbereitschaft.“
Die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und Vorsitzende des Friedenspreis-Stiftungsrates, Karin Schmidt-Friderichs, hatte ihn zuvor für sein herausragendes künstlerisches Werk
sowie für seine humanitäre Haltung im Krieg geehrt. Der Preisträger gebe Konzerte vor Menschen, die in ukrainischen Metrostationen Schutz suchten, lese Gedichte vor vollen Sälen, hole Menschen
aus umkämpften Gebieten und verteile Hilfsgüter.„Wir hätten alles ahnen können“, wenn man Zhadans Texte und Gedichte und Musik früher gelesen, gehört und ernst genommen hätte, sagte sie und
dankte dem Preisträger mit brüchiger Stimme dafür, dass er Zeugnis über den Krieg ablege. Der Preis ist mit 25000 Euro dotiert.