Berlin (epd) - Das Bürgergeld löst die Grundsicherung (Hartz IV) ab und ist eines der wichtigsten Vorhaben der Ampel-Koalition. Die Union hat über den Bundesrat Änderungen bei
den Sanktionen, beim Schonvermögen und der Karenzzeit durchgesetzt. Nach der Zustimmung im Bundestag und Bundesrat am Freitag in Berlin tritt das Gesetz nun am 1. Januar 2023 in Kraft. Die Reform
betrifft knapp fünf Millionen Leistungsbezieherinnen und -bezieher sowie 405 Jobcenter mit fast 75000 Beschäftigten. Die wichtigsten Punkte:
* MEHR GELD: Der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen steigt zum 1. Januar 2023 um 53 Euro von 449 Euro auf 502 Euro. Künftig soll im Voraus statt im Nachhinein die Inflation bei der
jährlichen Anpassung der Regelsätze berücksichtigt werden. Lebenspartner oder -partnerinnen sollen 451 Euro (bisher 404 Euro) bekommen, Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren 420 Euro (bisher 376
Euro). Für 6- bis 13-Jährige steigt der Satz auf 348 Euro (bisher 311 Euro) und für Kleinkinder bis fünf Jahre auf 318 Euro (bisher 285 Euro).
* KARENZZEIT: Bürgergeld-Bezieherinnen und Bezieher können im ersten Jahr in ihrer Wohnung bleiben, auch wenn sie eigentlich zu groß ist. Angemessene Heizkosten werden übernommen. Ersparnisse bis
zu 40000 Euro müssen in der Karenzzeit nicht für den Lebensunterhalt verwendet werden, für jedes weitere Haushaltsmitglied kommen 15000 Euro hinzu. Die Regeln, die derzeit noch wegen der
Corona-Pandemie gelten, sind großzügiger, die alten Hartz-IV-Regeln waren strenger.
* ERSPARNISSE: Das auf Dauer gewährte Schonvermögen wird erhöht. Künftig bleiben Ersparnisse bis zu 15000 Euro pro Person geschützt, bisher sind es 150 Euro pro Lebensjahr - bei einer 40-jährigen
Person beispielsweise also 6000 Euro.
* SANKTIONEN: Die Vertrauenszeit aus dem Ampel-Gesetzentwurf kommt nicht: Die Union hat durchgesetzt, dass von Anfang an Sanktionen verhängt werden können: Eine Leistungskürzung von 10 Prozent
für einen Monat beim ersten Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten, 20 Prozent für zwei Monate beim zweiten Mal und 30 Prozent für drei Monate beim dritten Mal. Wohnkosten müssen weiterhin
bezahlt werden. Die bereits in der Corona-Pandemie ausgesetzten schärferen Sanktionen für Unter-25-Jährige werden endgültig abgeschafft. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2019 Kürzungen von mehr
als 30 Prozent für unzulässig erklärt.
* JOBVERMITTLUNG / SOZIALER ARBEITSMARKT: Leistungsbezieher müssen künftig nicht mehr jeden Job annehmen, sofern eine Aus- oder Weiterbildung bessere Chancen verspricht. Es gibt ein monatliches
Weiterbildungsgeld von 150 Euro und Prämien für Abschlüsse. Berufsausbildungen werden bis zu drei Jahre lang gefördert. Die bisher bis 2024 befristete mehrjährige Förderung von
Langzeitarbeitslosen bei einer Arbeitsaufnahme („Sozialer Arbeitsmarkt“) wird entfristet.
* HINZUVERDIENST / EHRENAMT: Wer oberhalb der Minijob-Grenze (520 Euro) bis zu 1.000 Euro hinzuverdient, kann 30 statt bisher 20 Prozent der Einkünfte behalten. Unterhalb von 520 Euro Zuverdienst
bleibt alles beim Alten: Die ersten 100 Euro sind frei, darüber werden von jedem verdienten Euro 80 Cent abgezogen. Schüler und Studierende können künftig aber den ganzen Lohn aus einem Minijob
behalten, also alles bis 520 Euro pro Monat, bisher sind es bei 520 Euro Lohn nur 184 Euro. Einem Auszubildenden bleiben von beispielsweise 800 Euro künftig 604 Euro, bisher 240 Euro.
* RENTE: Bisher konnten Jobcenter für Hartz-IV-Bezieherinnen und -Bezieher, wenn sie 63 Jahre alt wurden, einen Rentenantrag stellen - was hohe Abschläge zur Folge hat. Diese „Zwangsverrentung“
soll - zunächst befristet bis Ende 2026 - nicht mehr möglich sein. Künftig ist eine private Altersvorsorge von Selbstständigen geschützt, unabhängig von der Anlageform. Bisher sind nur Riester-
und Rürup-Renten geschützt, sowie Betriebsrenten und Lebensversicherungen, die bis zum Rentenalter laufen.
* WENIGER BÜROKRATIE: Es wird eine Bagatellgrenze von 50 Euro für Rückforderungen der Jobcenter eingeführt. Die Meldung für Abwesenheiten vom Wohnort soll unkomplizierter werden.