Nürnberg (buc) - Die Orden als „leuchtende Zeichen des Himmelreiches“: Mit diesem starken und einprägsamen Gedanken des Zweiten Vatikanischen Konzils begann Stephan E. Müller,
emeritierter Eichstätter Moraltheologe, seinen Vortrag beim Ordenstag des Erzbistums im Pfarrzentrum von St. Kunigund in Nürnberg. Rund 30 Schwestern und Brüder waren der Einladung von Schwester
Claudia Hink vom Ordensreferat gefolgt; auch Weihbischof und Diözesanadministrator Herwig Gössl, der das Referat leitet, war dabei. Er feierte im Rahmen des Treffens einen Gottesdienst mit den
Ordensleuten. Eine erste Veranstaltung hatte im November in Bamberg stattgefunden.
Müller umschrieb in seinen Ausführungen die Gegenwart als „Zeitalter der Zusammenbrüche“, verbunden mit dem Abschied von Gewissheiten und neuen, komplexen Herausforderungen. Den christlichen
Glauben umschrieb er im Gegensatz dazu als das „Intaktkommen mit dem Gott, der in der Bibel bezeugt wird“. Die Gläubigen machten sich auf den Weg, „um teilzuhaben an den Erfahrungen, die das Neue
Testament bezeugt“, so der Wissenschaftler. Folglich umschrieb er die Theologie nicht als empirische Wissenschaft, sondern als „Erfahrungswissenschaft“, und zitierte aus dem Jeremiabuch: „Die
heilige Schrift ist nicht abgestandenes Wasser, sondern lebendige Quelle.“ Die Liturgie wiederum sei der Ort, an dem der Zugang zu dieser Erfahrung eröffnet werde.
Müller sprach von einem Dreischritt des Glaubens: Aneignung, Infragestellung, Vertiefung. „Der Glaube ist ein Reifungsprozess“, unterstrich der renommierte Theologe. Er wandte sich gegen den
Vorwurf eines „Befehlsgehorsams“, dem sich katholische Christen unterwürfen und der die Gefahr des Missbrauchs erhöhe, und argumentierte entschieden gegen die in der gegenwärtigen Theologie
verbreiteten „Autonomie“-Vorstellungen und verwies dabei unter anderem auf die Haltung des schottisch-amerikanischen Philosophen Alasdair MacIntyre.
Zentrale Aufgabe der Kirche – und damit verbunden auch die Chance des geistlichen Berufs – sei die Verkündigung des Geheimnisses Gottes, unterstrich Müller: „Gott ist Mensch geworden, damit wir
Menschen im Sinne Gottes werden.“ Mit Blick auf Jesus Christus sprach er von den drei Geheimnissen in Menschwerdung, Passion und Auferstehung, die zugleich der Weg des Menschen seien. Der
Theologe sprach zugleich von der „Schuld, die uns schwer auf den Schultern liegt“. Sie sei eine große Realität und lasse sich leichter bewältigen, wenn Aussicht auf Vergebung bestehe. „Ich mache
aus dem Tal des Unglücks die Pforte der Hoffnung“, zitiert Müller den Propheten Hosea.
In den Diskussion mit den Ordensleuten kam zur Sprache, dass Glaube nur in Beziehung mit anderen Menschen lebendig werden könne. Sexualität sage viel über einen Menschen aus, unterstrich Müller.
Die Kernfrage der Ehelosigkeit sei, wie man ein liebender Mann, eine liebende Frau sei. Sexualität sei so zu integrieren, dass man frei bleibe. „Zum Leben gehören Krisen dazu“, sagte der
Wissenschaftler. „Es gibt kein Leben ohne sie.“ Wichtig sei, dass man nicht allein bleibe, sondern Dinge offen und ehrlich besprechen könne.
„Zeitalter der Verblendung“
Müller wandte sich entschieden gegen die sogenannte Gender-Ideologie und sprach in diesem Zusammenhang von einem „Zeitalter der Verblendung“. Er
stellte auch die „Wertschätzung der Homosexualität“ infrage, die aus seiner Sicht zulasten der Wertschätzung der Familie geht, sprach von Vielfalt als von einem „neuen Dogma“, kritisierte mit
deutlichen Worten den Synodalen Weg und die Diskussion über die Weihe von Frauen in der katholischen Kirche. Deren „priesterlicher“ Dienst, so der Theologe, liege vielmehr in der Erziehung der
Kinder.
Näheres im Internet unter https://orden.erzbistum-bamberg.de