Freising (KNA) - Das katholische Osteuropa-Hilfswerk Renovabis äußert sich „erschüttert“ über die Vorwürfe gegen den international bekannten Künstler und Jesuitenpater
Marko Rupnik und fordert umfassende Aufklärung. Mehrere Ordensfrauen aus Slowenien werfen dem Ordensmann geistlichen Missbrauch und sexualisierte Gewalt vor. Die Vorfälle sollen sich in den 1990er
Jahren ereignet haben. Renovabis stellte am Freitag in Freising klar, bis zu den jüngsten Veröffentlichungen nichts von den „mutmaßlichen Verfehlungen“ seines einstigen Projektpartners gewusst zu
haben.
In den Anfangsjahren des 1993 gegründeten Hilfswerks habe der renommierte Künstler, der auch in Rom wissenschaftlich tätig gewesen sei, Förderungen für Stipendien bekommen, heißt es. Diese seien
jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Osteuropa zugute gekommen. Das Stipendienprogramm habe auch gegenseitiges Verständnis unter Studierenden verschiedener Konfessionen und Riten
fördern sollen.
Der Mitteilung zufolge unterstützte das Hilfswerk 1993 zudem Ordensschwestern im Erzbistum Ljubljana in Slowenien. Deren Exerzitienhaus wird in aktuellen Anschuldigungen gegen Rupnik als ein Ort
der mutmaßlichen Taten genannt. Renovabis-Chef Thomas Schwartz betonte: „Bei sexuellem Missbrauch hat Renovabis eine kompromisslose Haltung.“ Gemäß seines „Schutzkonzepts zur Prävention
sexualisierter Gewalt“, das auch die Partner in die Pflicht nehme, gehe man nun dem aktuellen Fall nach.
So sollen die Stipendiaten und Stipendiatinnen aus den Jahren 1993 bis 1995 ausfindig gemacht und aufgefordert werden, mögliche Hinweise auf „unpassendes und strafbares Verhalten von Pater
Rupnik“ zu geben. „An einem offenen Umgang mit dem Thema sexualisierte Gewalt führt kein Weg vorbei“, ergänzte Schwartz. Nur so könne Aufarbeitung gelingen und weitere Straftaten vermieden
werden.
Am Dienstag hatte die Leitung der Jesuiten in Rom Einzelheiten über den Umgang kirchlicher Stellen mit dem Fall veröffentlicht. Demnach ging bereits im Oktober 2018 eine Anzeige bei der
Jesuitenzentrale in Rom ein: Rupnik habe eine Frau, mit der er Sex hatte, in der Beichte von dieser Sünde lossprechen wollen. Dies ist laut Kirchenrecht eine sehr schwere Straftat und bewirkt
eine automatische Exkommunikation, also den Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft.
Im Mai 2020 stellte die Römische Glaubenskongregation die Exkommunikation Rupniks formal fest, hob sie aber - nachdem er die Tat bereut hatte - im selben Monat wieder auf. Noch im März 2020 hatte
der Jesuit eine Fastenpredigt vor der gesamten Vatikan-Spitze gehalten.
Weitere Anzeigen von mindestens neun Frauen, die meisten davon Ordensfrauen, wegen geistlichen Machtmissbrauchs und sexueller Handlungen führten 2021 zu weiteren kirchlichen Ermittlungen gegen
Rupnik. Ein Prozess kam jedoch wegen Verjährung der Taten nicht zustande.