Mit deutlichen Worten haben die Kurienkardinäle Luis Ladaria und Marc Ouellet beim jüngsten Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im Vatikan den Synodalen Weg kritisiert. Claudia Nothelle, Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und Moderatorin beim Synodalen Weg, lässt sich davon nicht entmutigen und setzt weiter auf Reformen. Helena Gennutt vom Konradsblatt, Freiburg, hat mit ihr über die Bedenken aus Rom und ihre persönliche Kraftquelle gesprochen.
Frau Nothelle, der Kirche wird vorgeworfen, zu sehr auf sich selbst bezogen zu sein und sich von den existenziellen Fragen und Nöten der Menschen zu entfernen. Wie kann der Synodale Weg
dem entgegenwirken?
Nothelle: Auch dem Synodalen Weg wird vorgeworfen, dass er weit weg von dem ist, was die Menschen bewegt. Das glaube ich allerdings nicht. Mit vielen Themen, mit denen wir uns
auseinandersetzen, sind wir vom Synodalen Weg genau bei dem, was die Menschen im 21. Jahrhundert bewegt, was sie in der Kirche beschäftigt, was sie für Fragen haben.
Das heißt der erste Schritt ist – auch wenn es schon etwas abgenudelt klingt – zuzuhören. Aber wir dürfen nicht beim Zuhören stehenbleiben. Irgendwann müssen wir auch zu Antworten kommen und
Entscheidungen treffen.
Nehmen wir zum Beispiel eine neue Sichtweise auf Homosexualität, die Erkenntnisse aus den Humanwissenschaften einbezieht. Als Katholikinnen und Katholiken können wir nicht sagen, dass uns
überhaupt nicht interessiert, was die Wissenschaften herausfinden.
Kardinal Marc Ouellet sagte beim jüngsten Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom: „Es fällt schwer, sich des Eindrucks zu erwehren, dass die äußerst gravierende Angelegenheit der
Missbrauchsfälle ausgenutzt wurde, um andere Ideen durchzusetzen, die nicht unmittelbar damit zusammenhängen“. Was ist dran an diesem Vorwurf?
Nothelle: Ich denke nicht, dass der Synodale Weg ein „Missbrauch des Missbrauchs“ ist, übrigens eine Formulierung, die wir auch von einigen deutschen Bischöfen hin und wieder zu hören
bekommen. Ich halte das für verheerend, auf dem Rücken der Missbrauchsopfer zu diskutieren, was die bessere Interpretation des Missbrauchs ist.
Natürlich müssen wir uns immer wieder daran erinnern, was der ursprüngliche Grund ist, warum wir zusammensitzen. Ich erinnere an die MHG-Studie, die die Missbrauchsfälle innerhalb der deutschen
Kirche und mögliche systemische Ursachen untersucht hat. Sie benennt drei entscheidende Themen: den Umgang mit Macht, die Sexualmoral und das Priesterbild. Wir vom Zentralkomitee der deutschen
Katholiken haben dann gesagt, wir müssen auch über die Rolle der Frau sprechen. So sind wir zu den vier Themenschwerpunkten des Synodalen Wegs gekommen. Damit wollen wir Katholikinnen und
Katholiken in Deutschland zeigen, dass wir verstanden haben, es kann nicht so weitergehen wie bisher. …
Das ausführliche Interview lesen Sie in der Ausgabe 51-52/2022