Traunstein (epd) - Bei der Klage eines Missbrauchsbetroffenen vor dem Landgericht Traunstein will sich das Erzbistum München und Freising nicht auf Verjährung berufen. Das
Erzbistum teilte am Mittwoch mit, man habe in der sogenannten Feststellungsklage die Klageerwiderung fristgerecht eingereicht und keine Einrede der Verjährung erhoben. Die Erzdiözese sei bereit,
„zur Anerkennung des Leids des Klägers ein angemessenes Schmerzensgeld zu leisten“. Für Schadensersatzbegehren, die darüber hinausgingen, wolle man eine angemessene Lösung finden. Man bedauere
das Leid, das dem Kläger und anderen Betroffenen widerfahrene sei, zutiefst.
Im Juni 2022 hatte Andreas Perr, ein Opfer des Missbrauchstäters und früheren Priesters Peter H., die Klage vor dem Landgericht Traunstein eingereicht. Perr hofft, dass das Gericht feststellt,
dass H. ihn missbraucht hat und deswegen Schadensersatz leisten muss. Die Klage richtet sich neben dem inzwischen verstorbenen Papst Benedikt XVI. auch gegen den ehemaligen Münchner Erzbischof
Kardinal Friedrich Wetter sowie Ex-Priester H. Das Landgericht Traunstein teilte am Mittwoch mit, man gehe davon aus, dass der für den 28. März angesetzte erste mündliche Verhandlungstermin in
der Sache auch tatsächlich stattfinden kann.
Das Landgericht teilte weiter mit, dass in dem Verfahren inzwischen von drei der Beklagten sogenannte Klageerwiderungen eingegangen sind. Nur vonseiten des Rechtsnachfolgers des verstorbenen
emeritierten Papstes liege noch keine Klageerwiderung vor. Weil das Verfahren wegen des Todes von Benedikt XVI. aber ruhe, liefen insoweit auch keine Fristen ab. Außerdem habe keiner der
Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben. Das Gericht werde nun „die Klageerwiderungen an die weiteren Verfahrensbeteiligten zustellen“. Zum Inhalt der Erwiderungen könne derzeit keine
Stellung genommen werden, hieß es in der Mitteilung.
Ex-Priester H. spielt auch im Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising vom Januar 2022 eine zentrale Rolle. In den 1990er-Jahren soll H. in der Erzdiözese München mehrere Kinder
und Jugendliche missbraucht haben, auch den Traunsteiner Kläger Andreas Perr. Die Leitung der Erzdiözese rund um den damaligen Erzbischof Kardinal Joseph Ratzinger und späteren Papst Benedikt
XVI. hatte den pädophilen Priester im Jahr 1980 im Erzbistum aufgenommen und dessen Umgang mit Jugendlichen nicht unterbunden - obwohl H. zuvor bereits in Essen bei mehreren sexuellen Übergriffen
ertappt worden war.
Die Entscheidung der Erzdiözese, nicht auf eine Verjährung der Fälle zu pochen, könnte auch Auswirkungen auf andere Missbrauchsfälle und damit verbundene Schmerzensgeldforderungen haben. In den
vergangenen Wochen war dem Erzbistum mehrfach vorgeworfen worden, offenbar auf eine Verjährung des Falles zu setzen und sich so dem öffentlichen Verfahren entziehen zu wollen.