Bamberg (ku) – Seit 2014 ist er Weihbischof in Bamberg, seit 1. September vergangenen Jahres der Leiter des Seelsorgeamtes und seit Anfang November 2022 nun auch
Diözesanadministrator des Erzbistums Bamberg – drei wichtige und gewichtige Aufgaben, die Herwig Gössl unter einen Hut bringen muss. „Das ist ziemlich viel auf einmal, aber es lässt sich alles
organisieren“, konstatiert der Weihbischof mit einem Lächeln im Gespräch mit dem Heinrichsblatt.
Nur wenige Tage vor dem Rücktritt von Erzbischof Ludwig Schick erfuhr Herwig Gössl von den Plänen. Zwar habe es immer wieder mal Andeutungen hinsichtlich eines Rücktritts des Erzbischofs gegeben,
„dass es dann aber doch so schnell gehen würde, das wusste keiner“, so Gössl. Im Nachhinein empfindet er es als gut, dass er nicht früher vom Rücktritt von Erzbischof Schick erfahren hat. „Es zu
wissen, schweigen zu müssen und sich dann wahrscheinlich auch Gedanken zu machen, das wäre eher belastend gewesen.“
Nach dem Rücktritt am 1. November wurde der Bamberger Weihbischof „kommissarischer Leiter“ des Erzbistums, und eine seiner ersten Aufgaben war es, das Domkapitel zusammenzurufen, damit ein
Diözesanadministrator gewählt werden konnte. Dass er es werden würde, „das habe ich fast schon vermutet, denn meine beiden Vorgänger waren es ja auch, unsere Personaldecke ist seit damals
deutlich dünner geworden“, sagt Weihbischof Herwig.
Dankbar ist er dem emeritierten Erzbischof, dass dieser auch weiterhin – in Absprache mit ihm – Aufgaben und Termine übernimmt. „Das ist für mich schon eine große Entlastung.“ Denn durch die Wahl
zum Diözesanadministrator sind auf Herwig Gössl zusätzliche Aufgaben gefallen. So gehört er jetzt dem Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz ebenso an wie dem diözesanen Arbeitsstab für
die Prüfung von Vorwürfen sexuellen Missbrauchs, der Finanzkommission und dem Diözesansteuerausschuss. Und natürlich muss der Weihbischof als Diözesanadministrator repräsentative Aufgaben
übernehmen, so zuletzt als Gastgeber beim Neujahrsempfang des Erzbistums in Hof.
Bei den Gottesdiensten für den Diözesan-Caritasverband oder das Ordinariat in der Adventszeit habe er schon ein „komisches Gefühl“ gehabt, gesteht Weihbischof Herwig. „Die 20 Jahre mit Erzbischof
Ludwig haben geprägt. Der Rollentausch war gewöhnungsbedürftig. Es kam einem so vor, als würde etwas nicht stimmen.“ Doch der emeritierte Bamberger Oberhirte mache es ihm nicht schwer, sich in
seine neue Aufgabe hineinzufinden, „und mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt“. So sei ihm der schon erwähnte Neujahrsempfang in Hof fast schon „normal“ vorgekommen.
Was seine Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten als Diözesanadministrator anbelangt, so gibt es nach den Worten von Gössl klare Vorgaben, aber durchaus auch einen Graubereich. So erklärt das
Kirchenrecht, dass ein Diözesanadministrator keine Änderungen einführen oder Entscheidungen treffen darf, die den neuen Erzbischof dann binden würden. „Aber ich muss dafür sorgen, dass die
Geschäfte hier im Erzbistum gut weiterlaufen.“
So wird – und das ist ein Beispiel für den genannten Graubereich – seit kurzem die neue „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“, also die Neufassung des kirchlichen Arbeitsrechts angewendet.
Gössl: „Wir wenden diese Grundordnung nun an, ohne sie allerdings in ein diözesanes Gesetz umzusetzen. Das muss dann der neue Erzbischof machen.“
Auch darf der Diözesanadministrator Priesterweihen durchführen und durch seine Unterschrift dafür sorgen, dass neues Personal eingestellt wird. „Und natürlich müssen wir uns in den verschiedenen
Gremien Gedanken machen über die Planung für das pastorale Personal. Weihbischof Herwig: „Wir überlegen jetzt, welche Kriterien wir anlegen werden, die aber gleichzeitig so weit gefasst sind,
dass der neue Erzbischof seine Schwerpunkte setzen kann.“
Dass er seit September auch der Leiter der Hauptabteilung Seelsorge ist, macht das Arbeiten für den Diözesanadministrator nicht gerade leichter. „Das ist ziemlich viel auf einmal, und ich muss
mich erst in diese Aufgabe reinfinden.“ Zum Glück habe er jedoch mit Wolfgang Eichler einen sehr guten stellvertretenden Leiter im Seelsorgeamt, „denn als Weihbischof kann ich einfach nicht so
präsent im Amt sein wie mein Vorgänger“.
Eine feste Tagesstruktur gibt es für Herwig Gössl nicht, jeder Tag ist anders. Doch was immer da ist und jetzt deutlich zugenommen hat, ist die Schreibtischarbeit. „Ich kann ja nicht einfach
alles unterschreiben, sondern muss erst einmal lesen, was in den Papieren steht“, so der Weihbischof. „Auch müsste ich mich eigentlich schon längst in die Papiere für das nächste Treffen zum
Synodalen Weg eingelesen haben.“ Die 5. Synodalversammlung findet vom 9. bis 11. März in Frankfurt statt. Daran wird der Bamberger Weihbischof auch wieder teilnehmen.
Bischofsnachfolge
Immer wieder wurde Herwig Gössl in den vergangenen Wochen gefragt, wer der neue Erzbischof von Bamberg wird und auch wann die Ernennung erfolgt. „Das ist alles offen und reine Kaffeesatzleserei“,
erklärt der Diözesanadministrator. So gebe es verschiedene Listen mit den Namen von möglichen Kandidaten, „aber nur der Nuntius weiß, wer da alles drauf steht.“
Und was den Zeitpunkt für eine Ernennung anbetrifft, so gibt es nach Gössls Worten keinen Zeitrahmen, sondern nur Erfahrungswerte. „Die letzte Sedisvakanz in Bamberg dauerte rund ein Jahr“, so
der Weihbischof. „Die jüngsten Bischofsernennungen in anderen Bistümern gingen schneller.“ Er selber rechnet mit einer Sedisvakanzzeit von einem halben bis einem dreiviertel Jahr. Wichtig ist für
Gössl jedoch, dass die Entscheidung, wer der neue Bamberger Erzbischof wird, gut überlegt ist.