Nürnberg (epd) - Nach zwei Jahren Corona-Pandemie mit einer Vesperkirche ohne Essen im Kirchenraum ist am Sonntag in der Gustav-Adolf-Gedächtniskirche in der Nürnberger Südstadt
wieder eine echte „Vesperkirche“ zu Ende gegangen. Für Matthias Halbig, der erst seit Oktober 2021 Pfarrer in der Kirche ist, war das erste Mal im „Normalmodus“ eine ganz besondere
Erfahrung.
Etwas mehr als 15.000 Essensportionen seien verteilt worden, berichtet er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Es ist anstrengend, aber eine gute Sache, und dafür machen wir das
gerne“. Nicht nur, um gemäß dem diesjährigen Motto „Wärme - Wir - Wiedersehen“ den Gästen im kalten Winter die Gelegenheit zu geben, den Temperaturen zu trotzen und sich dabei auch noch satt zu
essen. „Am meisten freuen sich die Leute darauf, sich endlich wieder einmal mit jemandem zu unterhalten“, hat Halbig beobachtet. Spannend sei es, wenn er sich nicht gleich als zuständiger Pfarrer
„oute“, sondern als normaler Gast mit den Menschen ins Gespräch komme.
Gespräche mit fremden Personen würden schon in der Schlange beim Anstehen beginnen, erzählt Halbig. Da bitte etwa eine ältere Dame ums Vorlassen, weil sie nicht so lange stehen könne. Ihre
Gelenke machten nicht mehr mit, sie sei schon bei allen Ärzten gewesen, erzähle sie auf dem Weg bis zur Kasse, bedanke sich später fürs Zuhören und wünsche guten Appetit. Oder das junge Pärchen,
das fast jeden Tag da gewesen sei und in Pfarrer Halbig einen neuen Freund gefunden habe. „Ich soll sie im Sommer hier trauen“, freut er sich.
Fünf Wochen täglich - außer Montag - verteilten etwa 500 Ehrenamtliche jeweils rund 600 Essen. Für einen Euro gab es eine Mahlzeit bestehend aus Vorspeise, Hauptgericht und Nachspeise, jeden Tag
auch eine zweite, meist dann vegetarische Variante zur Auswahl. „Weggeschmissen wird so gut wie nichts“, erklärt Halbig. Falls vom Vortag noch etwas übrig gewesen sei, hätten dies die
Besucherinnen und Besucher gegen einen Obolus mitnehmen können.