Hof (kem) – Einmal quer durch seinen Seelsorgebereich – will Stefan Fleischmann dies tun, braucht er in jedem Fall ein Auto und ein wenig Zeit. Denn von Bad Steben im äußersten Westen des Seelsorgebereichs „Hofer Land“ bis nach Rehau kurz vor der tschechischen Grenze sind es gut 50 Kilometer, die zurückgelegt werden müssen. „Am Anfang war ich viel auf der Straße, da ich den Seelsorgebereich von außen nach innen kennenlernen wollte. Das war für die Hofer ungewöhnlich: Im Zentrum kam ich erst zum 3. Adventssonntag an.“, erklärt Fleischmann, der erst seit Dezember 2021 Leitender Pfarrer im nordwestlichsten Teil des Erzbistums Bamberg ist.
Somit hat er die Geburt des Seelsorgebereichs nicht mitbekommen. Bereits 2019 wurde dieser gegründet, damals noch unter der Führung von Pfarrer Hans Jürgen Wiedow. Elf Pfarreien (siehe Infokasten unten auf der Seite) umfasst er und beherbergt gut 20 000 Katholiken. „In Hof und auch im Landkreis waren die Katholiken schon immer in der Unterzahl. Gut doppelt so viele Protestanten leben hier. „Deswegen setzen wir auch viel auf die Ökumene“, erklärt Pfarrer Fleischmann. So arbeitet man an gemeinsamen Projekten auch über das Liturgische hinaus. „Bei allem, was wir anpacken stellen wir uns zu Beginn die Frage: Kann das auch zusammen funktionieren?“, erklärt der Leitende Pfarrer, und führt als Beispiel die Sternsingeraktion auf, wo Kinder und Jugendliche beider Konfessionen durch die Straßen zogen.
„Zusammen funktionieren“ ist auch das Stichwort für den zweiten neuen Mann im Seelsorgebereich. Verwaltungsleiter Michael Zentgraf ist sogar erst seit gut fünf Monaten in Hof und angetreten, um vieles zu vereinfachen und zusammenzuführen. „Wir wollen in Hof ein Verwaltungszentrum des Seelsorgebereichs errichten. Geschäftsführung der Kindergärten, Verwaltungskräfte, Buchhaltung, Hausmeister und ein zentrales Archiv sollen hier ihre Heimat finden“ erklärt Zentgraf, der auf seiner Vorstellungstour überrascht war von der Herzlichkeit und Offenheit der Gläubigen im „Hofer Land“. „Hier wird viel gelacht und außerdem kann man sagen, dass die Hofer, was ihren Stolz angeht, wohl ihresgleichen suchen.“ Die Menschen hier seien stolz auf das, was sie in ihrem Landkreis erreicht hätten und lassen sich das auch von keinem nehmen. „Das habe ich so woanders noch nicht gesehen“, so Zentgraf.
Der Stolz spiegelt sich auch im Slogan des Seelsorgebereichs wider. Hatte der politische Landkreis Hof schon länger den Zusatz „in Bayern ganz oben“, so kann man unter dem Logo des SSB den Zusatz lesen „...im Erzbistum die Nummer eins“. Das bezieht sich auf die Nummerierung der Seelsorgebereiche, bei denen das „Hofer Land tatsächlich mit der „1“ aufgeführt ist. „Den Spruch habe ich im Alleingang geprägt, jetzt wird er hier überall wahrgenommen“, so Stefan Fleischmann.
„Einheit in der Vielfalt“
Wahrgenommen zu werden ist für die katholische Kirche in der aktuellen Zeit vor allem in positiver Hinsicht schwer. Daher setzen Fleischmann und Zentgraf auch darauf, dass man zwar administrative und organisatorische Arbeiten weiter zentralisiert, gleichzeitig aber jede Pfarrei ihr eigenes Profil beibehält. „St. Konrad ist anders als St. Marien, Oberkotzau ist anders als Naila – und das ist auch gut so. Die Pfarreien sollen sich individuell weiterentwickeln, weiter für sich wachsen. Und in gewissen Punkten kann der Seelsorgebereich helfen. Sozusagen Einheit in der Vielfalt“, erklärt Stefan Fleischmann, der auch weiß, dass das Ganze aber nur funktionieren kann, wenn sich auch weiterhin Ehrenamtliche mit einbringen.
Ein Punkt, der nicht nur dem Geistlichen zu schaffen macht. „Die Kirchenaustritte sind auch bei uns zu spüren“, erklärt Michael Zentgraf. „Weniger Gläubige heißt weniger Personal, weniger Geld und auch weniger Räume in der Region.“ So muss man sich auch im „Hofer Land“ damit auseinandersetzen, was mit Gebäuden passiert, die nicht mehr genutzt und auch unterhalten werden können. Jüngstes Beispiel ist hier St. Otto in Hof. In der Kirche aus den 60er-Jahren fanden sich nur noch wenige Gläubige ein. Diese fanden nun eine neue Heimat in der Kapelle des nahen Caritas-Seniorenheims. Was mit dem Kirchenbau passiert, ist noch offen. Ein Arbeitskreis befasst sich mit der Nachnutzung.
Auch hier setzt Fleischmann auf Partizipation. In dem Gremium sitzen Ehrenamtliche, die mit entscheiden sollen. Dieses „Mitnehmen“ sei wichtig für den Zusammenhalt in der Kirche, auch wenn Fleischmann sich sicher ist: „Eine Firma ist wohl leichter zu leiten als ein Seelsorgebereich mit Haupt- und Ehrenamtlichen, mit Gremien und dem Spagat zwischen Hof und dem Ordinariat in Bamberg.“
Fleischmann setzt auf Partizipation und Verantwortung. Er möchte Freiräume schaffen, damit sich Prozesse entwickeln können. In pastoraler Hinsicht gab sich der Seelsorgebereich Leitplanken für die Zusammenarbeit. Das Pastoralkonzept wurde im Sommer 2021 verabschiedet und im Januar diesen Jahres den Kirchengemeinden, Gremien, Gruppen und Kreisen im Rahmen eines Abendlobes übergeben. Gemeindereferentin Mechthild Fröh war Mitglied der Arbeitsgemeinschaft, die das Konzept ausarbeitete, und weiß von so manch heißer Diskussion zu berichten. „Manchmal konnten die Gegensätze in den Erfahrungen nicht größer sein. Es prallten gelegentlich persönliche Meinungen aufeinander. Aber trotz der vielen Unterschiede verbanden uns gemeinsame Fragen wie: Was können wir tun, um Menschen in den verschiedensten Bereichen des Lebens anzusprechen, sie zu begleiten oder ihnen Hilfe anzubieten?“
Nun, da das Pastoralkonzept fertig ist, beginnt die eigentliche Arbeit mit der Umsetzung erst, wie Fröhs Kollegin, Barbara Riedel, erklärt. „Kirchliches Leben spielt sich nicht nur im Kirchengebäude selbst ab. Auch Kindertagesstätten oder die Angebote der Caritas sind gelebte Orte kirchlichen Lebens. Für unsere pastorale Arbeit der nächsten Jahre ist uns wichtig, dass wir uns bewusst auf die Suche nach den Situationen des Lebens machen, in denen die Menschen uns hier im Hofer Land brauchen.“
An diesen „Knotenpunkten des Lebens“ will auch Fleischmann ansetzen, und dabei auch auf die Ausgetretenen zugehen. „Wir wollen mehr zur Begegnungsstätte werden und niederschwellige Angebote für alle anbieten.“ Die Arbeit wird dem Pfarrer und seinem Team also so schnell im „Hofer Land“ nicht ausgehen. Doch mit Engagement und dem Hofer Stolz kann es gelingen und zeigen, dass die „1“ nicht nur eine Zahl im Erzbistum ist.