München (KNA) - Unter den antisemitischen Vorfällen 2022 listet der am Montag in München vorgestellte Bericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS)
auch sogenannte Judasfeuer auf. Für den 16. April (Karsamstag) des vergangenen Jahres sind demnach 27 „Judasfeuer“ in sechs schwäbischen und oberbayerischen Landkreisen dokumentiert. Dabei handle
es sich um einen antisemitischen Osterbrauch, der von Landjugend-, Burschen- und Trachtenvereinen organisiert werde.
Bisweilen sei auch von „Jaudusfeuer“ oder „Ostermobrenna“ die Rede, heißt es. In diesem Zusammenhang werde ein großes Feuer abgebrannt, meist werde gegrillt, die Dorfgemeinschaft komme zusammen.
Bei mindestens 18 der dokumentierten 27 Veranstaltungen sei an der Spitze des Feuers eine lebensgroße Menschenpuppe verbrannt worden. Die mit Stroh ausgestopften Kleider symbolisierten Judas
Iskariot, der für seinen Verrat an Jesus Christus bestraft werde.
Judas werde in antijudaistischer Tradition christlicher Prägung mit „den Juden“ identifiziert, heißt es im RIAS-Bericht. Noch im 20. Jahrhundert seien in Bayern die Feuer teilweise „Jud“ oder
„Judenfeuer“ genannt worden. Hierbei würden religiös begründetete Stereotype benutzt. Zudem spiele der Vorwurf, Juden seien für den Tod Jesu Christi verantwortlich, eine Rolle. - Das „Judasfeuer“
ist nicht zu verwechseln mit dem in katholischen Ritus während der Feier der Osternacht. Dabei wird ein Feuer gemacht, gesegnet und daran die Osterkerze entzündet.
Bereits 2020 hatten die RIAS-Experten das Brauchtum des vorösterlichen „Judasfeuer“ kritisiert und auf dessen judenfeindlichen Ursprung hingewiesen. In der Folge hatte sich auch die Katholische
Landjugendbewegung (KLJB) mit dem Thema auseinandergesetzt.
Wie der Augsburger KLJB-Diözesanseelsorger Bernd Udo Rochna auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte, war man in der Folge gezielt auf Gruppen zugegangen und hatte darüber
aufgeklärt. Es sei dem Verband ein großes Anliegen, die jungen Leute entsprechend zu sensibilisieren. Vielen sei gar nicht bewusst gewesen, was es mit diesem Feuer auf sich habe. Rochna erinnerte
dabei aber auch daran, dass nicht alle Landjugend-, Burschen- oder Trachtenvereine Teile der KLJB seien.