Ebrach (sr) – Nicht die prunkvolle Ausgestaltung des Chores der Abteikirche mit Marmorsäulen, goldgefassten Säulenabschlüssen und Gesimsen, mit Heiligenfiguren in bewegten
Gewändern, mit dem prächtigen, an Rubens angelehnten Altarbild der Himmelfahrt Mariens zieht den Blick des Kirchenbesuchers auf sich. Seit Beginn der Fastenzeit lenkt das schlicht gehaltene, in
seinen Farben reduzierte und auf nur eine Szene konzentrierte Fastentuch den Blick auf das Wesentliche: Die Gottesmutter Maria und Johannes stehen in Trauergestik unter dem Kreuz. Es gibt keine
Christusfigur. Aber der Besucher, der Jesu Leidensweg kennt, kann ihn sich als Person vorstellen. Die dargestellten sogenannten „Arma Christi“, die Leidenswerkzeuge Dornenkrone, Lanze,
Essigschwamm und Geißel zeigen, was geschehen ist. Seit nunmehr fast 275 Jahren nehmen Maria und Johannes den Kirchenbesucher in ihre Trauer mit hinein.
Mit 6 x 4,35 Metern ist das uralte Tuch bei weitem größer als das aktuelle Misereor-Fastentuch. Fastentücher waren, ab dem Mittelalter geläufig, durchaus großformatig. Sibylle Ruß, die das
Ebracher Tuch vor einigen Jahren zusammen mit Klaus Tenschert restauriert hat, verweist auf zeitgleiche Tücher im schwäbischen Kloster Irsee und in Bad Wörrishofen. Diese Ausmaße haben auch mit
der Bedeutung der Tücher zu tun. In der Fastenzeit sollten sie den Blick der Gläubigen auf das Geschehen am Altar einschränken, wenn nicht gar verhindern. Der sündige Mensch sollte vom Anblick
des Altares und der Eucharistie ausgeschlossen sein, so Ruß und Tenschert. „Neben dem körperlichen Fasten sollte dies ein seelisches Fasten versinnbildlichen.“ …
Den ausführlichen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 14/2023