Feldkirch (KNA) - Der gestorbene Papst Benedikt XVI. wäre laut Überzeugung des Theologen und Buchautors Manfred Lütz gegen seine eigene Heiligsprechung gewesen. Benedikt XVI.
habe mit Personenkult nicht viel anfangen können, sagte der Psychiater dem „Vorarlberger KirchenBlatt“. Andererseits sei man jetzt in der „merkwürdigen Situation, dass im 20. Jahrhundert die
Hälfte der Päpste heiliggesprochen ist, so dass es fast eine Diskriminierung darstellt, wenn ein Papst mal nicht heiliggesprochen würde“, so Lütz.
Der Autor hatte gemeinsam mit Talkmaster Markus Lanz im April 2018 ein Gespräch mit dem emeritierten Papst geführt und dieses in dem Buch „Benedikt XVI. - Unser letztes Gespräch“ verarbeitet. Den
Austausch habe er in sehr guter Erinnerung: „weil er unglaublich authentisch war, humorvoll wie immer und wichtige Dinge gesagt hat, auch sehr Persönliches“.
Es gebe Historiker, die grundsätzlich gegen eine Heiligsprechung von Päpsten seien; „und die Argumente überzeugen mich“, so Lütz. Eine Heiligsprechung empfehle gewöhnlich eher unbekannte Menschen
als Vorbild für die Weltkirche. Ein Beispiel sei der heilige Bruder Konrad, der in Altötting sein Leben lang an der Klosterpforte saß. Päpste hingegen seien ohnehin weltweit bekannt; und wenn sie
ein eindrucksvolles, vorbildliches Leben führten, bekämen das alle mit, so der Theologe.
Johannes Paul II. (1978-2005) würde „sicher genauso verehrt, wenn er nicht heiliggesprochen worden wäre“, sagte Lütz. Andererseits müssten Päpste auch schmerzliche Entscheidungen treffen, die
manche Menschen vielleicht sogar verletzten. Diesen Menschen könne man die Heiligsprechung dann kaum verständlich machen.
In seinem Buch berichtet Lütz von einer Szene nach dem Papstrücktritt, wo Benedikt ihm auf dem Tisch noch einige Erinnerungsfotos von sich zeigte und sagte, er könne sich eines mitnehmen. Doch
dann habe er sich selbst unterbrochen mit den Worten: „Ach lassen Sie das besser, dieser Personenkult ist doch schrecklich!“