München (epd) - Bayern und Niedersachsen fordern längere Aufbewahrungsfristen für Akten in Verfahren zu sexuellem Missbrauch. Die beiden Bundesländer werden dazu einen Antrag bei
der Justizministerkonferenz am 25. und 26. Mai in Berlin einbringen, teilte das bayerische Justizministerium am Montag in München mit. Man wolle die Aufbewahrungs- und die Speicherfrist bei
Ermittlungsverfahren wegen Sexualstraftaten auf jeweils zehn Jahre verlängern. Aktuell werden Akten zu eingestellten Ermittlungsverfahren nach Bundesrecht grundsätzlich nur fünf Jahre aufbewahrt.
Im Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister (ZStV) sind Einstellungen sogar nur zwei Jahre gespeichert.
Der Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen habe in Bayern höchste Priorität, sagte Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Teilweise würden die Strafverfolgungsbehörden aber
erst spät und zu unterschiedlichen Zeitpunkten informiert. Deshalb benötigten die Ermittler auch Zugriff auf ältere Akten.
Bei Sexualstraftaten stehe oft Aussage gegen Aussage. Würden mehrere Opfer über einen längeren Zeitraum hinweg unabhängig voneinander ähnliche Vorwürfe gegen ein und dieselbe Person erheben,
könne dies ein Indiz für ihre Glaubwürdigkeit sein, sagte Eisenreich. Deshalb sei es sinnvoll, auch alte Ermittlungsakten zu eingestellten Verfahren in die Prüfung einzubeziehen.
Bei sexuellem Missbrauch etwa durch einzelne Angehörige der Kirchen sei teilweise eine Vielzahl von Opfern betroffen. „Die Missbrauchsfälle in der Kirche erschüttern die ganze Gesellschaft und
auch mich persönlich“, sagte Eisenreich. „Keiner steht in Bayern über dem Gesetz.“
Sowohl für die Opfer von Sexualstraftaten als auch für die Bevölkerung sei es nicht nachvollziehbar, wenn zahlreiche Strafverfahren gegen denselben Beschuldigten wegen mangelnder Nachweisbarkeit
eingestellt würden, weil ältere Ermittlungsergebnisse nicht mehr herangezogen werden könnten, sagte Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD). So verfestige sich der Eindruck,
kirchliche Würdenträger und Angehörige bestimmter Institutionen würden vom deutschen Strafrecht geschont.