Berlin (KNA) - Nach Ansicht des Kinderschutzexperten Pater Hans Zollner hat die katholische Kirche ihre Funktion als ethisch-moralischer Kompass verloren. Die Kirche sei keine wichtige moralische Institution mehr, an der sich die gesamte Gesellschaft orientiere, sagte Zollner in einem Interview des in Berlin erscheinenden Magazins "Cicero". Mit dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals habe sie massiv an Vertrauen verloren.
Der Vertrauensverlust hänge aber "nicht nur oder nicht vor allem am Missbrauch selbst", so Zollner weiter. Aber was die Menschen überhaupt nicht akzeptierten und woran sie berechtigterweise die fehlende Glaubwürdigkeit festmachten, sei die systematische Vertuschung von Missbrauch durch Bischöfe, Generalvikare und Personalverantwortliche. Zugleich betonte er, dass es statistisch nicht nachweisbar sei, dass es mehr Missbrauchstäter bei katholischen Priestern oder auch Mitarbeitern der katholischen Kirche gegeben habe als in anderen Institutionen. Für ihn sei deshalb auch die Behauptung unredlich, zölibatäre Lebensweise oder homosexuelles Verhalten im katholischen Klerus habe dazu geführt, dass es mehr Missbrauch durch Priester gebe.