Traunstein/Essen (epd) - Im Zivilprozess eines Missbrauchsopfers des früheren Priesters Peter H. vor dem Landgericht Traunstein hat der Anwalt des Klägers 350.000 Euro
Schmerzensgeld gefordert. Nach Angaben des Recherche-Verbundes Correctiv, von Bayerischem Rundfunk (BR) und der Wochenzeitung „Die Zeit“ fordert der Berliner Rechtsanwalt Andreas Schulz für
seinen Mandanten 300.000 Euro vom Erzbistum München und Freising und 50.000 Euro von den Erben des verstorbenen Papstes Benedikt XVI, teilte Correctiv am Mittwoch in Essen mit.
Im Juni 2022 hatte Andreas Perr, ein Opfer des Missbrauchstäters und früheren Priesters Peter H., eine sogenannte Feststellungsklage am Landgericht Traunstein eingereicht. Perr hofft, dass das
Gericht feststellt, dass H. ihn missbraucht hat und deswegen Schadensersatz leisten muss.
Die vom Erzbistum geforderten 300.000 Euro Schmerzensgeld sollen dem Kläger „alle materiellen und immateriellen Schäden“ ersetzen, die ihm „aus der Missbrauchstat im Tatzeitraum zwischen 1994 bis
1996 entstanden sind sowie in der Zukunft noch entstehen werden“, heißt es laut Correctiv in einem Schriftsatz des Anwalts.
Außerdem fordert der Anwalt 50.000 Euro Schmerzensgeld von den Erben des verstorbenen Papstes Benedikt XVI, da dieser als Chef der Glaubenskongregation 1986 mit dafür gesorgt habe, dass der
verurteilte Priester erneut in einer Gemeinde eingesetzt wurde. Somit sei H. auch der Missbrauch des jetzigen Klägers erst ermöglicht worden.
Der Kläger sei durch den Missbrauch „um sein Lebensglück gebracht“ und „aus der Lebensbahn geworfen“ worden und suchte deswegen „Zuflucht in Drogen und Alkohol mit all seinen Folgen für seinen
beruflichen Lebensweg“, heißt es laut Correctiv im Schriftsatz seines Anwalts Schulz. Sollten sich der Kläger Andreas Perr sowie der Kläger in einem ähnlichen Prozess in Köln durchsetzen, könnten
auch andere Missbrauchsopfer ähnlich hohe Summen fordern, schreibt der ehemalige Vorsitzende Richter des Oberlandesgerichts Köln, Lothar Jaeger, im Februar 2023 in einem Aufsatz in der
Fachzeitschrift Versicherungsrecht.
Die Beklagten in Bayern können bis zum 16. Juni zu der Forderung Stellung nehmen, heißt es laut Correctiv in einem Schriftsatz des Landgerichts Traunstein. Der erste Verhandlungstag soll am 20.
Juni stattfinden. Nach Erhalt der Schmerzensgeldforderung habe das Landgericht Traunstein den Streitwert des Verfahrens den Angaben zufolge auf 362.000 Euro festgesetzt.
Die Klage richtet sich neben dem Erzbistum München und Freising als juristische Person und dem verstorbenen Papst Benedikt XVI. auch
gegen den ehemaligen Münchner Erzbischof Kardinal Friedrich Wetter und Ex-Priester H. Vor Beginn des Prozesses muss das Gericht noch entscheiden, ob es das Verfahren aufspaltet: Der Klägeranwalt
fordert, den Prozess gegen die Papst-Erben von dem Verfahren gegen die anderen Beschuldigten zu trennen. Hintergrund ist, dass einige Papst-Erben noch nicht gefunden worden sind.