Traunstein (epd) – Das Erzbistum München und Freising hat im Zivilprozess eines Missbrauchsbetroffenen um Schmerzensgeld vor dem Landgericht Traunstein am Dienstag die Abweisung der Klage beantragt. Gleichwohl sei man "zu einer angemessenen Lösung" und Schmerzensgeldzahlung bereit, teilte das Erzbistum mit. In der mündlichen Verhandlung zum Prozessbeginn am Dienstag hatte die Vorsitzende Richterin der 5. Zivilkammer, Elisabeth Nitzinger-Spann, "dem Grunde nach" den Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld bejaht.
Im Juni 2022 hatte Andreas Perr, ein Opfer des Missbrauchstäters und früheren Priesters Peter H., eine Feststellungsklage am Landgericht Traunstein eingereicht. Sein Berliner Rechtsanwalt Andreas Schulz fordert 300.000 Euro vom Erzbistum München und Freising sowie 50.000 Euro von den Papst-Erben. Das Verfahren gegen den verstorbenen Papst Benedikt XVI. war erst am Montag - einen Tag vor Beginn der Verhandlung - vom Gericht abgetrennt worden. Die zuständige Anwaltskanzlei konnte bisher keine Erben ermitteln.
Umfangreiche Beweisaufnahme nötig
Wie das Gericht weiter mitteilte, machen die "vom Kläger
vorgebrachten körperlichen und seelischen Folgen des Missbrauchs
aufgrund des Bestreitens der Beklagten" eine umfangreiche Beweisaufnahme nötig. Beide Seiten haben nun bis zum 4. Juli Zeit, um auf die gerichtlichen Hinweise schriftlich einzugehen. Für den 14. Juli um 9 Uhr wurde ein Entscheidungsverkündungstermin festgelegt. Es ergehe aber "kein Urteil", es werde ein Beweisbeschluss verkündet. Der lege fest, zu welchen Vorwürfen Beweise erhoben werden müssen.
Das Erzbistum teilte weiter mit, dass die Erzdiözese "im Rahmen der Rechtsordnung die Haftung für das Handeln ihrer Amtsträger" akzeptiert. Bereits vor der Verhandlung habe man erklärt, dass das Erzbistum bereit sei, "dem Kläger zur Anerkennung des Leids ein angemessenes Schmerzensgeld leisten" sowie für darüber hinausgehende Schadensersatzforderungen Perrs "eine angemessene Lösung" finden zu wollen. Der Kläger führt seine Alkohol- und Drogensucht auf den Übergriff im Pfarrhaus Mitte der 1990er Jahre zurück.
Bereits am 19. Juni - also auch am Montag - hatte der Kläger seine Klage gegen den Beklagten Kardinal Friedrich Wetter zurückgenommen. Wetter war Erzbischof von München und Freising, als der Priester H. nach einer Verurteilung wegen Missbrauchs nach Garching versetzt wurde. Der frühere Erzbischof hatte als erster Beklagter des Traunsteiner Verfahrens erklärt, sich nicht auf Verjährung berufen zu wollen. Im Januar dieses Jahres hatte auch das Erzbistum München und Freising erklärt, auf Verjährung zu verzichten.
Einen Termin für die Fortsetzung der Hauptverhandlung hat das Landgericht Traunstein am Dienstag noch nicht festgelegt. Das wird erst am oder nach dem 14. Juli erfolgen.