Würzburg/München (epd) - Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, wertet die erste Wahl eines AfD-Politikers zu einem Landrat als „Dammbruch“.
Diesen dürften die demokratischen politischen Kräfte in diesem Land nicht einfach hinnehmen, sagte Schuster dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Montag). Am Sonntag hatte der AfD-Kandidat Robert
Sesselmann im thüringischen Sonneberg die Stichwahl um das Landratsamt gewonnen.
Die erste Wahl eines AfD-Kandidaten in ein exekutives Amt erschüttere ihn, sagte der in Würzburg lebende Schuster: „Um es klar zu sagen: Nicht jeder AfD-Wähler hat eine rechtsextreme Gesinnung.
Aber die Partei, deren Kandidaten sie gewählt haben, ist laut Landesverfassungsschutz rechtsextrem.“ Er fügte hinzu: „Dass so viele Menschen dem zustimmen, beunruhigt mich zutiefst. Sie sollten
sich ernsthaft die Frage stellen, ob die Probleme, die sie haben, die Wahl eines Kandidaten einer solchen Partei rechtfertigen.“
Robert Sesselmann hatte in der Stichwahl 52,8 Prozent der Stimmen erhalten, sein Gegenkandidat Jürgen Köpper von der CDU unterlag mit 47,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit 59,6 Prozent rund
zehn Prozentpunkte höher als noch in der ersten Wahlrunde am 11. Juni.
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sagte, zehn Jahre nach der Gründung der AfD und sechs Jahre nach dem Einzug der rechtsextremen Partei
in den Bundestag spreche sie nicht mehr von einem Dammbruch. „Das würde das Wort entwerten“, argumentierte sie: „Die Gefahr für die jüdische Gemeinschaft und andere Minderheiten ist längst
real.“
Viele trügen eine Mitverantwortung für dieses Ergebnis, sagte die ehemalige Zentralratspräsidentin: „Aber allen voran haben die Menschen
vor Ort an der Wahlurne diese gefährliche Entscheidung getroffen. Sie haben - mit demokratischen Mitteln - ein Ausrufezeichen gegen die Demokratie gesetzt.“