Berlin (KNA) - Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt und andere große Wohlfahrtsverbände pochen in einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf die möglichst rasche
Einführung der Kindergrundsicherung. In einem Brief der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, aus dem das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND; Freitag) zitiert, kritisieren die
Verbände die Bundesregierung.
Mit „größter Sorge“ verfolge man die fehlende Einigkeit innerhalb der Koalition, heißt es in dem Brief, der vom Präsidenten der Bundesarbeitsgemeinschaft, Michael Groß, unterzeichnet wurde:
„Insbesondere besorgt uns das Szenario, dass die Politik in die Sommerpause geht, ohne dass eine Verständigung auf die Eckpunkte für diese Leistung stattgefunden hätte.“
Dabei, so Groß, sei die rasche Einführung einer armutsfesten Kindergrundsicherung unverzichtbar: „Über 20 Prozent, rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland, leben bereits in
relativer Einkommensarmut. Die Tendenz ist seit Jahren steigend.“ Die Wege, um an soziale Leistungen für Kinder zu kommen, seien „häufig verworren, zu bürokratisch und in der Antragsstellung zu
aufwendig“.
Die Mitgliedsverbände der Arbeitsgemeinschaft fürchteten, dass das Projekt in dieser Legislaturperiode nicht mehr zum Abschluss gebracht werde, wenn sich die Koalition nicht schnell auf
verbindliche Eckpunkte verständige, so Groß weiter: „Armuts- und familienpolitisch wäre dies ein beispielloser Rückschlag.“
Zur Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege gehören die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, der Paritätische Wohlfahrtsverband, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie und die
Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.
Auch der Deutsche Kinderschutzbund beklagt, dass im Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 eine Festlegung auf die Einführung einer Kindergrundsicherung fehle. „Seit Januar streiten die Koalitionäre
über die Kindergrundsicherung - und das, obwohl alle Parteien sie in der einen oder anderen Weise in ihren Wahlprogrammen stehen haben“, sagte Bundesgeschäftsführer Daniel Grein dem RND.
„Je länger der Streit dauert, desto weniger bleibt vom ursprünglichen Ziel übrig, Kinder aus der Armut zu holen“, fügte er hinzu: „Das ist ein Skandal, der eines reichen Landes wie Deutschland
unwürdig ist.“
Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, forderte Scholz und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) auf, die Kindergrundsicherung gegen Finanzminister Christian Lindner und
die FDP durchzusetzen: „Wir haben so viele armutsgefährdete Kinder im Land wie nie. Ich erwarte, dass die Bundesfamilienministerin konkrete Zahlen liefert, statt vor den Blockierern in der
eigenen Bundesregierung einzuknicken.“
Die Kindergrundsicherung soll unter anderem das Kindergeld, den Kinderzuschlag, das Bürgergeld für Kinder und Teile des Bildungs- und Teilhabepakets zu einer einheitlichen Leistung
zusammenfassen. Sie zählt zu den wichtigsten sozialpolitischen Projekten der Ampelregierung, doch bisher gibt es keine Einigung über Höhe und Finanzierung.