Teuschnitz (kem) – Ein Gespräch über den Seelsorgebereich „Frankenwald“. Am Tisch sitzen neben drei gebürtigen auch zwei „reingeschmeckte“ Frankenwälder und stellen sich zunächst der Frage, wie er denn überhaupt ist, der „echte“ Frankenwälder?
„Man muss sich erst an ihn gewöhnen“, erklärt Pfarrer Richard Reis – ein gebürtiger Nürnberger. „Der Frankenwälder tickt anders als ein Großstädter. Er feiert gerne, lacht viel und ist sehr liebenswert, aber auch sehr direkt.“ Das kann auch Pfarrer Cyriac Chittukalam aus Indien bestätigen. „Die Menschen hier sind echt, manchmal ein bisschen rau, aber immer herzlich.“
Komplimente, die die drei hier geborenen, Seelsorgebereichsratsvorsitzende Anne Neubauer, Pastoralreferent Josef Grünbeck und Leitender Pfarrer Detlef Pötzl, gerne annehmen. „Da fühlen wir uns gut charakterisiert“, erklärt Pötzl lachend und ergänzt, „ich finde den Frankenwälder auch pragmatisch, was im kirchlichen Kontext auch von Vorteil sein kann.“ Es gebe immer wieder Dinge über die man sich aufregen könnte. „Aber wenn der Papst eine neue Enzyklika veröffentlicht, wird deswegen hier vor Ort keiner austreten.“ Ein Fakt, der dem nördlichsten Seelsorgebereich des Erzbistums mit seinen 13 500 Katholiken, verteilt auf 27 Gemeinden und auf 356 Quadratkilometer, auch aktuell wieder sehr zu Gute kommt. Denn von der eh schon knapp bemessenen Zahl der Priester wird Ende August noch ein weiterer abgezogen. Pater Jan Poja verlässt Wallenfels. Seine Stelle wird nicht nachbesetzt. „Nach unserem Stellenplan sind vier Priester vorgesehen. Nach dem Weggang Pater Jans haben wir noch viereinhalb Stellen. Die Aufregung der Nicht-Nachbesetzung ist verständlich, kommt aber nicht ganz plötzlich. Wir müssen mit dieser Situation jetzt umgehen“, so Pötzl. „Wir Priester werden zunehmend zu Wanderpredigern.“
Einer dieser „Wanderprediger“ ist Pfarrer Reis, der nun auch für mehr Gemeinden zuständig ist. Für ihn wird es spannend, zu sehen, wie das, was sich das pastorale Team ausgedacht hat, in der Praxis ab September umgesetzt wird. „Wir können das nur gemeinsam mit den Menschen vor Ort schaffen“, so Reis. Und Josef Grünbeck ergänzt. „Der gute Wille bei den Menschen ist da. Aber es sind einfach jetzt noch Verlustschmerzen, mit denen wir umgehen müssen.“
Auch die Entfernungen spielen hier im Seelsorgebereich eine Rolle. „Das Obere Rodachtal hat keinen Anlass ins Haßlachtal zu kommen. Da fährt man eher nach Kronach“, vermutet Detlef Pötzl. Oder die Gläubigen bleiben der Kirche ganz fern. Um das zu verhindern setzt das Team im Frankenwald mehr und mehr auf das Ehrenamt. „Wir wollen das Engagement in den Gemeinden fördern. Die Gläubigen wissen, dass sie ihre Messen auch ein Stückweit selbst in die Hand nehmen müssen. Dafür haben wir eine sehr hohe Anzahl an Wort-Gottes-Leitern“, so Pötzl.
Den Pfarrer teilen lernen
Eine davon ist Anne Neubauer, die durchweg positive Erfahrungen bei der Durchführung von Wort-Gottes-Feiern gemacht hat. „Die Leute freuen sich, wenn man kommt, weil sie auch wissen, dass die Alternative eben gar kein Gottesdienst wäre.“ Dennoch stellt auch Neubauer fest, dass die komplette Akzeptanz noch ihre Zeit dauern wird. „Der Pfarrer ist eben nicht mehr nur für eine Gemeinde zuständig. Wir müssen lernen, ihn mit anderen zu teilen.“
Um die Akzeptanz für das Neue und Gemeinsame zu verstärken, verabschiedete der Seelsorgebereich im vergangenen Jahr auch sein Pastoralkonzept. Das Ziel: Das was man vor Ort selbst schaffen kann, soll dort auch bleiben. „Bei Dingen, die wir nicht mehr selbst schaffen, versuchen wir in größeren Gruppen zu denken“, so Pötzl. Dabei will er nicht gleich alles auf den kompletten Frankenwald beziehen, sondern denkt in den Einheiten, die es zuvor gab, den drei Seelsorgebereichen „Oberes Rodachtal“, „Oberer Frankenwald“ und „Rennsteig“.
Dennoch setzt der Seelsorgebereichsrat auch einige übergreifende Themen auf dem ganzen Gebiet um. „Wir hatten gemeinsame Wallfahrten für Familien oder planen einen gemeinsamen Ministrantentag. Außerdem setzen wir thematisch Schwerpunkte, wie zuletzt einen Klimatag im Haus am Knock, wo wir besprochen haben, was in den einzelnen Gemeinden an Klimaschutz bereits geleistet wird“, erklärt Anne Neubauer. Neben dem Pastoralkonzept verabschiedete man im Frankenwald auch als einer der ersten Seelsorgebereiche ein Schutzkonzept. Für Pötzl ein sehr wichtiger Schritt, nicht zuletzt auch wegen der Missbrauchsfälle, die im vergangenen September in Wallenfels ans Licht kamen. „Das hat die Gemeinde schon bis ins Herz getroffen.“
Laut dem Leitenden Pfarrer sei es zum einen wichtig, die Dinge aufzuklären, die waren, und dazu zu stehen. „Wir müssen aber vor allem schauen, dass heute keine Strukturen mehr entstehen können, die solche Fälle erst möglich machen.“
Der Blick nach vorne beschäftigt alle im Seelsorgebereich „Frankenwald“ – nicht nur in Sachen Prävention. Letztendlich komme es nach Pötzls Worten immer darauf an, was heute möglich sei, um „Gutes zu tun und Gottes Wort zu verkünden“. Hier würden Haupt- und Ehrenamtliche sehr kreativ werden, um immer neue Wege zu finden. Auch er weiß, dass die Katholikenzahlen nicht mehr großartig steigen werden. „Doch oft ist es doch so, je kleiner die Gemeinden, desto lebendiger sind sie“, so Pötzl. Und dass die Frankenwälder lebendig sind, darüber sind sich im Gespräch von Anfang an ja alle einig.