Lissabon (KNA) – Am zweiten Tag seiner Portugal-Reise hat Papst Franziskus am Donnerstagmorgen vor mehreren tausend Studenten der Katholischen Universität in Lissabon gesprochen. In seiner
Rede rief der Papst die Studierenden auf, die akademische Bildung als Auftrag für die gesamte Gesellschaft zu begreifen.
Eine Universität dürfe nicht dazu dienen, das „derzeitige elitäre und ungleiche System in der Welt aufrechtzuerhalten, in dem die höhere Bildung ein Privileg für wenige bleibt“, erklärte
Franziskus und fuhr fort: „Wenn Wissen nicht als Verantwortung wahrgenommen wird, wird es steril. Wenn jene, die eine höhere Bildung genossen haben (die heute in Portugal und in der ganzen Welt
weiterhin ein Privileg ist), nicht danach streben, etwas von dem zurückzugeben, was sie erhalten haben, haben sie nicht ganz verstanden, was ihnen zuteil wurde.“
Der Papst forderte die angehenden Akademiker auf, sich nicht in ihrer Blase zu verschließen, sondern aus ihrer Sicherheit auszubrechen und praktizierende Christen zu werden, die an Gerechtigkeit
und Schönheit mitarbeiten. Deshalb sollten sie ihren Studienabschluss nicht nur als Befugnis zum Aufbau von persönlichem Wohlstand betrachten, sondern als „Auftrag, sich für eine gerechtere und
integrativere, das heißt für eine fortgeschrittenere Gesellschaft einzusetzen.“
Mit Nachdruck appellierte der Papst an die Studierenden, sich für eine umfassende ökologische Wende in Politik und Wirtschaft einzusetzen. Es sei „neu zu definieren, was wir Fortschritt und
Evolution nennen. Denn im Namen des Fortschritts hat man für zu viel Rückschritt den Weg gebahnt.“
Franziskus sprach den jungen Menschen in seiner auf Spanisch vorgetragenen Ansprache Mut zu und sagte: “Ihr seid die Generation, die diese Herausforderung meistern kann: Ihr verfügt über die
fortschrittlichsten wissenschaftlichen und technologischen Instrumente (...) Vergesst nicht, dass wir eine ganzheitliche Ökologie brauchen, dass das Leiden des Planeten mit dem der Armen zusammen
gehört werden muss; dass das Drama der Wüstenbildung in Verbindung mit dem der Flüchtlinge gesehen werden muss, das Problem der Migration mit dem des Geburtenrückgangs; dass wir uns um die
materielle Dimension des Lebens im Rahmen einer spirituellen Dimension kümmern. Keine Polarisierungen, sondern Gesamtvisionen!“
An dem Treffen unter freiem Himmel nahmen rund 7.000 Menschen teil, darunter Studierende, Akademiker sowie Vertreter von Zivilgesellschaft und Kirche. Danach war eine Begegnung des Papstes mit 25
Studierenden vorgesehen, die als Flüchtlinge mit Unterstützung des Papst-Franziskus-Fonds nach Portugal gekommen waren. - An der 1967 gegründeten katholischen Universität studieren derzeit etwa
12.000 Personen.