Stegaurach (kem) – Zwischen zwei Flüssen gelegen ist der Seelsorgebereich „Main-Aurach“ eine der kleineren Einheiten im Erzbistum Bamberg. Gerade einmal fünf Pfarreien mit ihren insgesamt sechs Filialgemeinden beherbergt das Gebiet. Und auch sonst ist hier alles etwas kleiner. Mit dem Leitenden Pfarrer Walter Ries, Pfarrer, Norbert Bergmann, Kaplan Severin Tyburski und Subsidiar Dr. Günter Raab gibt es gerade einmal vier Geistliche, die sich um die pastorale Versorgung im SSB kümmern. „Das kostete uns in Bamberg schon einiges an Überzeugung, dass wir ein eigener Seelsorgebereich sein durften“, so Pfarrer Ries. Und Pfarrer Bergmann ergänzt: „Was sollten wir auch anderes machen. Die Gemeinden um uns herum waren alle schon in andere Bereiche eingegliedert worden.“ Am Ende half ein Kooperationsvertrag mit dem größeren Seelsorgebereich „Steigerwald“ und die kleine, eigene Verwaltungseinheit war geboren.
Kreativ und innovativ
Doch wenn man jetzt denkt, dass hier auch nur kleine Brötchen gebacken werden, dann täuscht man sich gewaltig. Groß denkt man hier, kreativ und innovativ. Denn die Sorgen teilt „Main-Aurach“ mit vielen anderen seelsorgerischen Einheiten im Erzbistum. „Wir wissen, dass wir nicht mehr Geistliche werden“, erklärt Pfarrer Ries. Schon jetzt sei es so, dass die zwölf Kirchen nicht mehr an jedem Sonntag „bedient“ werden könnten und Gottesdienste zusammengelegt werden müssen. „Viele Menschen gehen für eine normale Eucharistiefeier nicht in eine andere Gemeinde. Und wenn in der eigenen Kirche nichts mehr angeboten wird, bleiben viele auch einfach weg. Das beobachten wir schon mit Sorge.
Gerade deswegen will man im Seelsorgebereich mit besonderen Aktionen die verschiedenen Pfarreien zusammenbringen. Sei es mit einer Pfingst-Vigil, wie sie Gemeindereferentin Judith Drechsel dieses Jahr organisierte oder mit Bierkellergottesdiensten, die Karmeliten-Pater Severin im Sommer anbot. Auch gab es eine Tour durch den Seelsorgebereich. In zwei Etappen – erst an der Aurach, dann am Main – ging es für Interessierte durch die Kirchen. Vor Ort erklärte immer ein Gemeindemitglied Wissenswertes zu Gotteshaus und Pfarrei. „Bis zu 100 Leute waren bei diesen Touren mit dabei. Und wir werden sie auch wieder anbieten, denn die kleineren Orte mit ihren Kapellen haben sich auch schon angemeldet und wollen sich präsentieren“, erklärt Pastoralreferent Günter Förtsch.
Für ihn ist vor allem eine Art positive Fehlerkultur ausschlaggebend für den Erfolg solcher Veranstaltungen. „Wichtig ist, dass wir uns gegenseitig bestärken, Neues auszuprobieren. Nichts muss für die Ewigkeit laufen und wenn etwas nicht klappt, ist das auch nicht schlimm.“
Genau so wuchs „Main-Aurach“ ziemlich schnell zu einer Einheit zusammen. „Es ist vielleicht gerade gut, dass wir kleiner sind als andere. So ist die Gruppe der Verantwortlichen überschaubar und man kann sich auch schneller austauschen“, meint Pfarrer Bergmann. Frieda Metzler, eine der beiden SBR-Vorsitzenden, sieht das ganz genauso. „Man muss das Rad nicht immer neu entdecken. Wir übernehmen gerne gute Ideen aus anderen Pfarreien. Und wenn besondere Veranstaltungen sind, dann werben wir im gesamten Gebiet dafür und helfen uns auch gegenseitig.“ Denn vom Jammern darüber, dass früher alles besser gewesen sei, komme das Vergangene auch nicht wieder zurück.
Also alles eitel Sonnenschein zwischen Main und Aurach? Natürlich gibt es auch hier Probleme, die angegangen werden müssen. Vor einer größeren Herausforderung steht Verwaltungsleiterin Michaela Kaiser. Zum Jahreswechsel soll es eine gemeinschaftliche Pfarrverwaltung geben. „Aus fünf Pfarrbüros werden wir nur noch zwei machen. Auch wenn wir im Ordinariat für einen weiteren Standort in Trunstadt gekämpft haben, bleibt es dabei, dass unsere Pfarrsekretärinnen nur noch in Bischberg und Stegaurach sitzen werden“, so Kaiser.
Unverständnis über Rückzug
„Das sind große Veränderungen. Faktisch ist dann vor Ort niemand mehr. Das wird für die Gemeinden schon zu einer Belastung“, ergänzt Pfarrer Ries. Denn unabhängig davon, dass durch zentralisierte Büros der Verwaltungsaufwand besser steuerbar ist, fehle einfach der Ansprechpartner vor Ort und gefühlt zieht sich die Kirche weiter aus den Orten zurück. „Überall gibt es Home Office und die Leute können von überall arbeiten. Aber die Kirche macht es genau andersrum. Das können die Leute vor Ort nur schwer verstehen“, berichtet Ulrike Schulte-Durmann vom Unverständnis der Gläubigen, auf das sie oft trifft.
Pastoralreferent Förtsch spricht in diesem Zusammenhang von einer „emotionalen Ebene“. „Die Schule ist weg, die Sparkasse und die Post auch. Jetzt geht auch noch die Kirche.“ Daher sei es seiner Ansicht nach besonders wichtig, sich weiter zu zeigen. „Wir brauchen trotzdem in möglichst allen Gemeinden ein Gemeindeleben. Das muss nicht immer ein Priester sein, aber die Kirche muss vor Ort präsent bleiben“, so Förtsch. Und wenn dann künftig weniger Pfarrbüros öffnen werden, so ist eine dieser möglichen Präsenzen der Kindergarten. „Man darf uns als Ort, wo man viele Menschen erreichen kann, nicht unterschätzen. Hier bietet Kirche auch ein gutes Bild von sich“, erklärt die Kita-Geschäftsführerin Silke Niklaus. „Wir präsentieren Angebote, gehen aber auch mit jeder Religion offen um. Das wird schon positiv wahrgenommen.“ Daher freue sie sich immer, wenn auch das pastorale Team bei Aktionen dabei sei.
Trotzdem ist es so, dass die Hauptamtlichen nicht mehr werden, was Frieda Metzler an einem Beispiel festmacht. „In Weipelsdorf gab es 2022 keine Christmette. Da wurde ich angesprochen, dass das schade ist, weil gerade das Zusammenstehen danach bei einem Glühwein immer so schön gewesen war“, so die SBR-Vorsitzende. „Ich habe dann geantwortet: Macht halt selbst eine Christmette. Für das weihnachtliche Gefühl braucht man nicht unbedingt einen Pfarrer.“ Das Weihnachts-Evangelium, Lieder und Geselligkeit würden auch so funktionieren, denn Kirche sei in erster Linie Gemeinschaft.
Dies sei etwas, was auch in den Gremien immer wieder kommuniziert werde. „Wir Laien müssen weg von diesem Rundum-Versorgungsgedanken. Die Kirche wird sich verändern und das heißt, dass auch wir die Kirche am Laufen halten müssen“, so Metzler. Daher sei für Pfarrer Bergmann beim Blick in die Zukunft wichtig, dass die Zusammenarbeit weiter verstärkt werde, „damit wir uns im Seelsorgebereich gegenseitig befruchten und voneinander lernen können“. Sorge, dass man dann als kleiner Seelsorgebereich irgendwann von einer größeren Einheit einverleibt wird, hat man indes zwischen Main und Aurach nicht. „Wir sind vielleicht kleiner, haben aber auch größere Einrichtungen. Allein in unseren sieben Kindergärten arbeiten an die 140 Personen“, erklärt Pfarrer Ries. Und mit einem verschmitzten Grinsen fügt er an. „Wir sind selbstständig und auch selbstbewusst.“ Und das nimmt man dem Leitenden Pfarrer in jedem Fall ab.