Santiago de Chile (KNA) – In Chile unterstützen frühere Mitglieder eine Klage gegen die Gemeinschaft der Legionäre Christi mit eigenen Vorwürfen. Laut der Zeitung „La Tercera“ (Mittwoch)
schildern die 32 Frauen in einem Offenen Brief ein Umfeld, „in dem Macht- und Gewissensmissbrauch an der Tagesordnung waren“.
Mit dem Brief wollen die Unterzeichnerinnen eine aktuelle Klage gegen die Legionäre Christi wegen sexuellen Missbrauchs untermauern, die Ende Juni von einer anderen Frau eingereicht wurde. Die
Klägerin hatte den Weg zur gottgeweihten Frau begonnen, ihn dann aber vorzeitig beendet. Alle Frauen gehörten der zu den Legionären zählenden Gemeinschaft Regnum Christi an.
Als geistlicher oder spiritueller Missbrauch gelten die Manipulation und die Ausnutzung von Menschen im Namen Gottes und im Kontext religiösen Lebens. Dabei werden in der Seelsorge, etwa bei der
Beichte oder geistlichen Begleitung, aber auch in geistlichen Gemeinschaften Menschen bevormundet, entmündigt und oft gegen andere abgeschirmt.
In dem Schreiben der 32 Frauen heißt es, sie wollten ihre Stimme erheben und Informationen aus ihrer Zeit in einem Studienzentrum zur Verfügung stellen. Sie berichten, dass sie einer strengen
Überwachung ihres Tagesablaufs durch die Vorgesetzten ausgesetzt gewesen seien. Diese hätten absolute Kontrolle über den Aufenthaltsort und die Aktivitäten jedes Mitglieds gehabt.
Es sei verboten gewesen, Anweisungen in Frage zu stellen sowie über Gedanken und persönliche Erfahrungen zu sprechen. Ihr Innenleben hätten die Frauen nicht mal mit Familienmitgliedern teilen
dürfen. Freundschaften zu haben, sei als „Untreue gegenüber Gott“ angesehen worden. Durch diese Isolation sei eine emotionale Abhängigkeit von den Leiterinnen und Leitern entstanden.
Die Legionäre Christi zählen nach eigenen Angaben derzeit rund 1.500 Mitglieder in 21 Ländern. Anfang der 2000er Jahre waren schwere Fälle sexuellen und psychologisch-geistlichen Missbrauchs
durch den Gründer bekannt geworden, den mexikanischen Priester Marcial Maciel (1920-2008). Dies hatte eine schwere Krise des Ordens und einen mehrjährigen Erneuerungsprozess zur Folge. Angesichts
von Mängeln in den inneren Leitungsstrukturen verfügte Papst Benedikt XVI. 2010 eine umfassende Untersuchung der Gemeinschaft und durchgreifende Reformen.