Köln (KNA) – Die als Jüdin geborene Ordensfrau Edith Stein ist aus Expertensicht keine Vorreiterin des christlich-jüdischen Dialogs gewesen. Allerdings habe sie ihre jüdischen Wurzeln neu entdeckt und auch ein durchaus positives Verhältnis zum Judentum gehabt, sagte Pater Elias Füllenbach vom Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit im Interview des kirchlichen Kölner Internetportals domradio.de (Mittwoch).
Vor 25 Jahren, am 11. Oktober 1998, hatte Papst Johannes Paul II. Edith Stein heiliggesprochen. Sie wurde am 12. Oktober 1891 als jüngstes von elf Kindern einer jüdischen Familie in Breslau (Wroclaw) geboren. Am Neujahrstag 1922 ließ sie sich dann katholisch taufen. Die Nazis ermordeten Stein am 9. August 1942 in Auschwitz.
Auf die Interviewfrage, ob ihre Heiligsprechung und die Verehrung als Märtyrerin der Kirche hinderlich oder förderlich für das Verhältnis zwischen Juden und Christen sei, sagte Füllenbach: "Es kommt darauf an, wie wir an Edith Stein erinnern." Sie könne durchaus eine Brückenbauerin sein, "wenn deutlich gemacht wird, dass ihr Martyrium ein besonderes ist".
Füllenbach erinnerte an den ebenfalls in Auschwitz ermordeten Maximilian Kolbe. "Da gibt es eine Veränderung des katholischen Verständnisses von Martyrium. Auch Kolbe ist nicht einfach wegen seines christlichen Glaubens umgebracht worden, sondern weil er stellvertretend für einen Familienvater in den Tod gegangen ist."
Bei Stein sei es offenbar ähnlich. "Sie will solidarisch mit ihrem jüdischen Volk diesen Weg gehen, aber tatsächlich war es den Tätern in Auschwitz völlig egal, ob sie getauft war oder nicht", betonte Füllenbach. "Und deswegen halte ich es für sehr wichtig, dass wir sensibel mit ihrem Erbe umgehen. Es wird immer die Frage dazugehören, wie wir sie feiern und wie wir an sie erinnern."