Bamberg (kem) – Es ist ein großer Image-Schaden, den nicht nur die Kirche, sondern auch das Amt des Priesters in diesen Zeiten erlebt. Das liegt nicht gänzlich an der immer wieder hochkochenden Missbrauchsdebatte. Auch andere Aspekte würden hier hineinspielen und dafür sorgen, dass sich Unsicherheit breit macht – vor allem unter den Priestern selbst. Beim diesjährigen Ottotag der Erzdiözese Bamberg sprach aus diesem Grund Dogmatik-Professor Dr. Bertram Stubenrauch von der LMU München zum Thema „Priester sein in veränderlichen Zeiten. Was bindet und befreit“.
Laut Stubenrauch werde der Priester in seiner Gemeinde immer öfter als Dienstleister gesehen, der wirtschaftlich denken und handeln müsse. „Doch wenn unser Wohl und Wehe an der Bilanz liegt, dann bleibt unser Auftrag unerfüllt“, so der Redner. Gleichzeitig solle ein Priester am besten noch Entertainer in der Pfarrei sein. Ein mitreißender Prediger, ein toller Religionslehrer und mit einem offenen Ohr für alle –kreativ, sympathisch, weltoffen und erfolgreich. Doch das würde laut Stubenrauch auf Dauer nicht funktionieren und auch den Mensch im Amt des Priesters kaputt machen. „So werden wir von unserem Amt verschlungen.“
Zwei Dimensionen
„Wir müssen in unserem Beruf zwischen zwei Dimensionen unterscheiden“, erklärte er. Es gebe die objektive, vorgegebene Dimension. Hier zähle die Eucharistie hinzu. Es sei von Jesus vorgegeben, wie manche Dinge zu laufen haben. Doch solle man nicht den Fehler machen, ein zweiter Jesus Christus zu sein. „Die Priester übernehmen nur die Treuhänderschaft für Jesus.“ In der anderen Dimension jedoch, kann sich jeder nach seinen Talenten verwirklichen. Hier werde das geschaffen, was die Kirche vor Ort ausmache, gemeinsam mit denjenigen, die sich aktiv daran beteiligen wollen. „Haben wir den Unterschied zwischen diesen beiden Dimensionen erkannt, kann uns das unseren Dienst erleichtern“, so Stubenrauch.
Anders – so die Sorge des Theologen – würde nach und nach das Gesicht des Priesters aus der Kirche verschwinden. Schon jetzt sei es so, dass Bistümer immer mehr Behörden gleichen würden, Pfarreien zu Pfarrämtern verkommen – und der Pfarrer nur noch ein Rädchen in einem Konzern sei. Dies müsse aufgebrochen werden. „Kirche ist Gemeinschaft und unser Weg ist mit den Menschen“. so Stubenrauch.
Als konkretes Beispiel nannte er die Einrichtung von Seelsorgezentren, in denen mehrere Priester – aufgeteilt nach ihren Talenten tätig seien, denn niemand sei ein Superpriester, der alles könne. „Aber ich muss mich auch nicht schlecht deswegen fühlen. Auch über das aktuell viel diskutierte Zölibat solle nachgedacht werden. „Wir gestehen Priestern fehlende Talente zu, bei der Predigt, im Unterricht, im Einhalten der Gebetsordnung. Nur beim Zölibat sind wir rigoros und dulden keine Schwächen“, so Stubenrauch.
„Grenzen aufbrechen“
Dem Impulsvortrag schloss sich eine rege Diskussion unter den Geistlichen an. Einige stellten die Frage, wo ob der vielen Aufgaben, die neben der Pastorale auf die Priester warten noch Zeit bleibe für die Entfaltung von Charismen und die Verwirklichung von Talenten. Stubenrauch antwortete mit Blick auf die gesamte Kirche, dass er sich mehr Experimentierfreudigkeit wünsche. „Es müssen noch viele Grenzen aufgebrochen werden“, so der Theologe.
Diözesanadministrator Herwig Gössl dankte Stubenrauch für seine Impulse. „Wir leben in sehr turbulenten Zeiten. Es war schön, Impulse zu bekommen, was uns trotzdem innere Freiheit schenken kann“, so der Weihbischof.
Zu Beginn des Ottotages hatten die Geistlichen gemeinsam mit Gössl einen Gottesdienst in der Seminarkapelle des Bistumshauses gefeiert. Am Nachmittag gab es Informationen zu verwaltungstechnischen Fragen, etwa zum Gebäudekonzept oder der Arbeitsgruppe Bildungshäuser. Mit einer Vesper gemeinsam mit Prälat Georg Kestel und anschließender Beichtgelegenheit bei Priesterseelsorger Claus Bayer beschloss man das Zusammentreffen.