Bamberg (cid) – Frauenrechte müssen weiter im Blick bleiben, denn der Weg zur Gleichberechtigung ist noch lang. Was die stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB), Dr. Ute Zeilmann, in einem Grußwort anmahnte, bekommt aus der Sicht der Vorsitzenden der Frauenhilfsorganisation Solwodi, Dr. Maria Decker, noch einmal eine ganz andere Dringlichkeit. Der KDFB-Diözesanvorstand hatte sie eingeladen, bei der Delegiertenversammlung über die Arbeit ihrer Organisation zu sprechen. Ihre Ausführungen, unter das Thema „Soll man Sex kaufen können?“ gestellt, ließen so manche Teilnehmerin daran zweifeln, ob Deutschland ein „zivilisiertes“ Land ist.
Sie gehören zu den vulnerabelsten Gruppen unserer Gesellschaft: Frauen, meist mit Migrations- und Fluchtgeschichte, die oft schon in ihren Elternhäusern und Herkunftsländern Gewalt erfahren haben, die durch Menschenhandel nach Deutschland kommen, hier zur Prostitution gezwungen werden, Frauen, die zwangsverheiratet werden oder denen Gewalt „im Namen der Ehre“ angetan wird.
Über 2000 Personen suchen jedes Jahr Rat und Hilfe bei den bundesweit 21 Beratungsstellen von Solwodi. Viele der Frauen kommen aus Osteuropa, etwa aus Bulgarien und Rumänien, viele aber auch aus Westafrika, etwa aus Nigeria. Neuerding sehe man aber vermehrt auch wieder Frauen aus Asien. Hierher verschleppt, oft aus prekären Verhältnissen stammend, mit wenig Schulbildung, verfügten sie über keinerlei Kenntnis ihrer Rechte, oft noch nicht einmal darüber, wo sie sich gerade befinden.
Drogen, Alkohol und psychische Belastungen machten sie abhängig von denen, die sie hier ausnutzen. Um Geld zu verdienen, auch für die Familie im Herkunftsland, führe sie ihr Weg in die Prostitution, „aus Alternativlosigkeit“, sagt Decker.
Es gebe keine verlässlichen Zahlen. Solwodi geht jedoch von weit über 250 000 Betroffenen aus, zum größten Teil Frauen. Die Dunkelziffer sei hoch. Denn auch das Prostitutionsschutzgesetzt von 2017, das eine Registrierung dieses Berufs fordere und damit mehr Schutz geben will, bewirkt laut Decker nichts. Angemeldet seien vielleicht zehn Prozent der Betroffenen. Das Gesetz „funktioniert nicht“ und so bleibe Deutschland, ebenso wie etwa die Niederlande, eine der Hochburgen des Prostitutionsgewerbes.
Decker sprach von einem mangelnden Bewusstsein, Frauen auszunutzen. Sie verwies etwa auf den zum Schulabschluss oder zur Volljährigkeit geschenkten Bordellbesuch, auf makabre Äußerungen von Freiern, „Entwicklungshilfe“ zu leisten. So blieben Frauen „Ware“.
„Deutschland braucht ein Umdenken in der Prostitutionspolitik“, forderte die Vorsitzende von Solwodi unter Hinweis auf das sogenannte Nordische Modell. In Schweden oder auch in Frankreich gebe es dieses „Sexkaufverbot“ mit Bestrafung der Freier, mit Ausstiegshilfen und Aufklärung über die Situation. Dort habe sich die Prostitution reduziert, dort sei die organisierte Kriminalität geschwunden, habe ein Wandel des gesellschaftlichen Bewusstseins eingesetzt. Das EU-Parlament hatte sich erst im September für dieses Modell ausgesprochen und die Mitgliedsstaaten aufgefordert, dieses umzusetzen.
Auch Deutschland sei gefordert, sich mit diesem Thema erneut zu beschäftigen, unterstrich Decker. Sie forderte die KDFB-Mitglieder auf, ihre Wahlkreisabgeordneten darauf anzusprechen. Hinsehen, miteinander und mit anderen über die Situation reden und Unterstützung leisten, etwa durch ehrenamtliches Tun oder durch Spenden – dazu rief sie die Frauen auf.
Die Position des KDFB untermauerten die Mitglieder des Vorstands. Prostitution sei keine „selbstbestimmte“ Arbeit, sondern Ausbeutung. Frauen würden ihrer Würde beraubt. Man müsse das Thema präsent halten und den Betroffenen eine Stimme geben.
Eingangs hatte die Vorsitzende des KDFB, Claudia Dworazik, einen Einblick in aktuelle Entwicklungen des Verbands gegeben. So konnte etwa der Zweigverein Ullstadt sein 90-jähriges Bestehen feiern. In zahlreichen Zweigvereinen gab es Vorstandswahlen. Es kam aber auch zu Fusionen und Auflösungen. Der Vorstand warf auch einen Blick auf den Kunigundentag 2024 und ein damit verbundenes Projekt. Auch die KDFB-Landfrauenvereinigung berichtete von ihren Vorhaben.
Mit einem spirituellen Impuls und Bewegungselementen hatte die Geistliche Beirätin Dr. Andrea Friedrich die Frauen auf die Versammlung eingestimmt. Die stellvertretende Bundesvorsitzende Zeilmann dankte allen Teilnehmerinnen für ihren großen ehrenamtlichen Einsatz in den Zweigvereinen. „Wir erreichen etwas, wir sind wirksam“, rief sie ihnen zu.
Kunigundenbrosche
Eine ganz besondere Würdigung ihrer Verdienste erhielten fünf Teilnehmerinnen, die sich in ihren Zweigvereinen mit großem Engagement einsetzen: Mit der Kunigundenbrosche wurden geehrt: Barbara Göppner und Maria Trenner aus dem Zweigverein Bamberg-Gaustadt, Elisabeth Jonen-Burkard und Ingrid Beck aus dem Zweigverein Ansbach St. Ludwig-Christkönig und Elisabeth Seeler aus Baiersdorf.