Wildensorg (kem) – Es sind die Äste einer Linde, die im wahrsten Sinn des Wortes noch einen kleinen Schatten auf ein Vorzeigeprojekt in Wildensorg werfen, das von der dortigen Kirchenstiftung St. Joseph in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Bamberg realisiert wurde. Als erstes sakrales Gebäude in der Stadt hat das Gotteshaus in dem Bamberger Stadtteil nun eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach.
„Kirchendächer eignen sich eigentlich hervorragend für solche Anlagen durch ihre großen Dächer“, erklärt Andreas Güntzel, der von Seiten der Stadtwerke das Projekt durchführte. Trotzdem finden sich in der ganzen Erzdiözese kaum Kirchenstiftungen, die diese Art der Energiegewinnung auf ihren Gotteshäusern bisher umgesetzt haben. „Auf Pfarrhäusern oder Kindergärten gibt es da schon eher Solarplatten, und mir fällt aktuell auch nur eine Gemeinde im südlichen Bistum ein, die eine kleine Anlage verbaut hat“, erklärt Sebastian Zink.
Als Umweltbeauftragter der Erzdiözese brachte er mit einer Online-Schulung während Corona den Stein ins Rollen. „Damals erklärte ein Kirchenpfleger aus Heroldsberg, dass man eine PV-Anlage bei ihnen auf dem Kirchendach installiert habe“, erinnert sich Wildensorgs Kirchenpfleger Erich Sperlein. Der kam nach Rücksprache mit seinem Gremium auf die Stadtwerke Bamberg zu. „Nach Prüfung, ob das Dach grundsätzlich geeignet ist, haben wir uns um alle Genehmigungen gekümmert. Hier lief die Zusammenarbeit zwischen dem städtischen Energieversorger sowie dem Domberg reibungslos. Auch die Erlaubnis des Denkmalschutzes kam prompt. „Hier hat in den letzten Jahren zum Glück ein Umdenken stattgefunden und die Unteren Denkmalschutzbehörden stehen solchen Projekten offener gegenüber“, so Sebastian Zink.
Volleinspeisung als Ideal
Im September wurde das Vorhaben dann als Dachpacht-Modell umgesetzt. Das Modell besagt, dass die Stadtwerke die Dachfläche von der Kirchenstiftung mieten, sie mit Solarmodulen bestücken und den so gewonnenen Strom komplett ins Netz einspeisen. „Das war für uns das beste Modell, da wir in unserer Kirche selbst nicht so viel Strom benötigen – und wenn, dann eher am Abend“, so Sperlein.
Der Pachtvertrag gilt zunächst für 20 Jahre. Danach kann die Kirchenstiftung die Anlage zur eigenen Nutzung erwerben oder den Gestattungsvertrag mit den Stadtwerken verlängern.
Seit Oktober läuft die Anlage nun schon und hat immerhin bereits 1000 Kilowattstunden Strom in das Netz geleitet. Für das komplette Jahr ist ein Ertrag von gut 31 000 Kilowattstunden prognostiziert, der durch die insgesamt 76 Module geschaffen wird. Neben den kleinen Mieteinnahmen ist Erich Sperlein vor allem wichtig, „ein Zeichen für den Umweltschutz“ zu setzen. Auch Andreas Güntzel sieht dies ähnlich. „Der Gewinner ist hier die Umwelt“, erklärt der Mitarbeiter der Stadtwerke, der hofft, dass sich noch mehr Kirchenstiftungen diesen Schritt zutrauen, denn Gotteshäuser seien oft „geostet“, was immer dazu führe, dass eine Dachfläche zur Südseite hin zeige und meist nur der eigene Kirchturm groß genug wäre, um Schatten zu werfen.
Was Schatten angeht, freut sich der Wildensorger Kirchenpfleger außerdem, dass man als kleine Filialgemeinde der großen Dompfarrei nun auch einmal aus deren Schatten treten könne. „Wir haben nicht eine so prunkvolle Kirche wie den Dom und unsere Kunstwerke sind auch nicht so prächtig, wie der Domschatz. Aber wir haben jetzt eine PV-Anlage. Die wird es auf dem Dom so schnell nicht geben“, erklärt Sperlein mit einem Schmunzeln.
Sperlein und die Wildensorger Kirchenverwaltung planen auch noch ein kleines Fest, damit die Anlage auch offiziell der Kirchengemeinde übergeben werden kann.
Scherzhaft kündigte Dompfarrer Markus Kohmann an, die Anlage auch durch die kleine Luke im Dach hindurch segnen zu können. Und wenn dann noch die störenden Äste der Linde ein wenig gestutzt sind, kann das Energie-Projekt in Wildensorg ganz ohne Schatten strahlen.