Oberasbach (buc) – Es ist schon noch was da, man muss das Positive sehen“, sagt Alexandra Wieland, Gemeindereferentin in Oberasbach. Die katholischen Hauptamtlichen im Seelsorgebereich Fürth Land kämpfen zurzeit gegen viele Probleme gleichzeitig: Glaubenskrise, Mitgliederschwund, personelle und organisatorische Unwägbarkeiten. Doch den Kopf wollen sie nicht hängen lassen. Im Zusammenspiel mit ehrenamtlichen Gläubigen, die vielerorts sehr wohl noch zum Engagement bereit sind, entwickeln sie neue Ideen und Aufbrüche für die Kirche der Zukunft.
Der Seelsorgebereich Fürth Land im Westen der mittelfränkischen Großstadt liegt in einem evangelisch geprägten Gebiet. Viele Jahrhunderte gab es hier keine Katholiken. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die „Mutterpfarrei“ Zirndorf gegründet, nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden die durch Heimatvertriebene geprägten Pfarreien Oberasbach, Cadolzburg, Veitsbronn, Langenzenn und Wilhermsdorf. Die ersten Gottesdienste etwa in Oberasbach oder Veitsbronn wurden in ehemaligen Heimen der Hitlerjugend gefeiert, ehe nach und nach Kirchen errichtet wurden.
Vor der Strukturreform 2019 gab es den Seelsorgebereich Rangau mit Cadolzburg, Langenzenn und Wilhermsdorf sowie je einen weiteren in Zirndorf und Oberasbach. Die Pfarrei Veitsbronn, eine Ausgründung der Karmeliten, gehörte zu Christkönig in Fürth. Im Zuge der Reform gab es Überlegungen, aus Fürth Stadt und Land einen einzigen Seelsorgebereich zu machen. Das stieß aber wegen der Größe nicht auf Gegenliebe beim pastoralen Team, „und in Bamberg schon gleich gar nicht“, sagt Leitender Pfarrer Matthias Stepper.
Der Geistliche sieht eine gewisse „Unwucht“ in der gefundenen Lösung, mit der man im Seelsorgebereich gleichwohl gut leben kann. Zirndorf und Oberasbach gehören eher zum städtisch geprägten Speckgürtel von Fürth und Nürnberg, dann kommt der Stadtwald, hiner dem das Land mit den weiteren vier Pfarreien beginnt. Einschließlich der entsprechenden Entfernungen und der jeweiligen kirchlichen Besonderheiten. „Das hat schon zu Diskussionen geführt“, erinnert sich Stepper. Doch man habe sich ohne Streit für diese Kompromisslösung entschieden, für einen Mittelweg.
Bei der ersten Sitzung des Seelsorgebereichsrats hätten die Mitglieder darüber gesprochen, was eigentlich das Zentrum des Seelsorgebereichsrats ist, erinnert sich Alexandra Wieland. „Das war schon schwierig. Jeder hat sich als Mitte gesehen. Aber jetzt sind wir schon viele Schritte weiter.“ Manche Pfarreien, Veitsbronn etwa, sind sehr selbständig und aktiv, gestalten ihr Gemeindeleben autonom. Anderswo, gerade in unmittelbarer Nähe zu Fürth, gibt es eine andere Anspruchshaltung der Gläubigen gegenüber den Hauptamtlichen.
Vertrauensvolle Ökumene
Gemeinsam ist den Katholiken im Seelsorgebereich, dass sie überall in der Minderheit sind. In Oberasbach etwa stehen der katholischen Pfarrei drei evangelische gegenüber, in Langenzenn fährt der Bonifatiusbus, ein Hinweis auf die Diasporasituation. Das ökumenische Miteinander ist aber überall gut und vertrauensvoll, wie die Verantwortlichen betonen. Traditionen wie Feuerwehrgottesdienste oder Friedhofsgänge werden wie selbstverständlich gepflegt. Geistliche wie Dekan André Hermany in Cadolzburg haben ein vollkommen unbefangenes Verhältnis zur anderen Konfessionen und zu den Amtsgeschwistern.
Weiteres ökumenisches Zeichen: In Oberasbach etwa entschied der erste Pfarrer der in den 1960er Jahren gegründeten Pfarrei, dass es keine Caritas braucht, weil es bereits eine Diakonie gibt. Die Gemeinde ist Mitglied im Diakonieverein, ein katholischer Ehrenamtlicher sitzt als Vertreter im Vorstand. Die Fürther Caritas ist in Cadolzburg mit einem Quartiersprojekt vertreten, es gibt aber keine Seniorenheime oder Sozialstationen. Auch in Stein bei Nürnberg ist die Caritas aktiv – das aber gehört bereits zum Bistum Eichstätt, wie auch der südliche Teil des Landkreises Fürth mit Roßtal, Großhabersdorf und Ammerndorf.
Für die Erstkommunionvorbereitung ist im Seelsorgebereich ein einheitliches Konzept erarbeitet worden, wie Alexandra Wieland berichtet. Es gibt ein Katecheseteam, das Treffen an Wochenenden mit den Kindern und deren Familien organisiert. „Das haben wir als sehr positive Erfahrung erlebt“, schildert die Gemeindereferentin. Der nächste Schritt ist die gemeinsame Firmvorbereitung, an der alle Pfarreien außer Zirndorf mitwirken. Sie wird sich auf weniger, dafür intensivere Treffen konzentrieren. Fast überall ist das Firmalter inzwischen auf 16 Jahre erhöht worden.
Das Pastoralkonzept, das von Haupt- und Ehrenamtlichen erarbeitet wurde, beschreibt eher den Jetztzustand und verzichtet auf große Visionen, die womöglich ohnehin von der Realität überholt werden. „Wir haben einfach beschrieben, was wir im Moment tun und welche Herausforderungen wir in Zukunft sehen“, sagt Stepper. Die Herausforderungen seien sinkende Personalzahlen, weniger finanzielle Mittel und eine schwindende Bereitschaft von Ehrenamtlichen, sich tatkräftig einzubringen. So manche Kirchenstiftung könnte dadurch vor dem Aus stehen. „Das wird auch bei uns ein Thema werden“, so der Leitende Pfarrer.
In Cadolzburg oder Wilhermsdorf gibt es schon heute keine Pfarrgemeinderäte mehr. Das bedeutet zwar nicht, dass sich niemand engagiert: Immer weniger Ehrenamtliche wollen sich aber langfristig binden, arbeiten lieber punktuell und projektbezogen in der Pfarrei mit. „Wenn jemand in diesem Jahr beim Martinimarkt mitmacht, heißt das nicht, dass er das nächstes Jahr wieder machen muss“, schildert Alexandra Wieland. Wichtig sind nach ihren Worten vor allem Angebote für Kinder und Jugendliche. Vielerorts gebe es etwa eine sehr gute Ministrantenarbeit.
Doch die Probleme liegen auf der Hand. Die Pfarrei Wilhermsdorf etwa musste in den vergangenen Jahren bereits ihr Pfarrzentrum verkaufen, um die laufenden Kosten überhaupt noch decken zu können. Wie es weitergeht mit den Katholiken dort, ist offen. Die Kirchengemeinde hatte bis zur Strukturreform vor vier Jahren auch die Filiale Markt Erlbach umfasst, die dann zu Neustadt/Aisch geschlagen wurde. Markt Erlbach, auf der Frankenhöhe gelegen, war schon immer der aktivere Teil der Pfarrei, während das Gemeindeleben im Tal in Wilhermsdorf nur von wenigen engagierten Personen am Leben gehalten wird.
Für alle Pfarreien im Seelsorgebereich gilt übrigens: Bamberg ist relativ weit weg. Für Oberasbach sagt Pfarrer Stepper: „Wir haben sicher Gemeindemitglieder, die nicht wissen, dass diese Pfarrei zum Erzbistum gehört.“ Die Zugehörigkeit spiele keine große Rolle, da die historischen Bezüge fehlten. Eine Tatsache, die tief in der Geschichte wurzelt: in der Reformation und in der Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Weltkrieg. Bamberg sei in den Köpfen weit weg, fügt der Geistliche hinzu – und umgekehrt: „Wir sind natürlich auch für Bamberg ein bisschen weit weg, was seine Vorteile und Nachteile hat.“