Rottenburg/Vatikanstadt (KNA) - Am gestrigen Montag um 12 Uhr ist im Vatikan und in Rottenburg zeitgleich die Annahme des Rücktrittsgesuchs von Bischof Gebhard Fürst durch Papst
Franziskus offiziell bekanntgegeben worden. Seitdem ist der Bischöfliche Stuhl der Diözese Rottenburg-Stuttgart - des viertgrößten deutschen Bistums - unbesetzt. Bischof Fürst hatte allerdings
schon vor einigen Tagen bekannt gemacht, dass der Papst sein altersbedingtes Rücktrittsgesuch angenommen habe. Seine Verabschiedung als Bischof von knapp 1,7 Millionen Katholiken in Württemberg
fand am Samstag in Rottenburg statt, an Fürsts 75. Geburtstag.
Nun beginnt die sogenannte Sedisvakanz („Der Stuhl steht leer“). Doch das Kirchenrecht kenne „kein führungsloses Bistum“, erklärt die Diözese. Das Rottenburger Domkapitel wählte noch am Montag
einen Übergangsverwalter. Am Abend wurde bekanntgegeben, dass der seit 2005 amtierende Generalvikar Clemens Stroppel als Diözesanadministrator die Diözese leiten wird, bis ein neuer Bischof
gewählt und eingesetzt ist.
Der Diözesanadministrator hat grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie ein Diözesanbischof, aber er darf „keine Entscheidung treffen, die den nächsten Bischof binden oder in seiner
Amtsführung hindern könnte“. So darf er zum Beispiel keine neuen Pfarrer ernennen. Die Befugnisse des Diözesanadministrators seien “am ehesten vergleichbar mit denen einer geschäftsführenden
Regierung nach einer Bundestags- oder Landtagswahl“, so das Bistum. „Bis zur Bildung einer neuen Regierung führt die alte Regierung die Amtsgeschäfte fort, hat sich aber bei längerfristig
wirksamen Entscheidungen in strikter Zurückhaltung zu üben.“
Wie lange die Sedisvakanz dauert, sei „nicht absehbar“, teilte die Diözese mit. Der letzte Administrator der Diözese Rottenburg-Stuttgart sei knapp 15 Monate lang im Amt gewesen: Weihbischof
Johannes Kreidler leitete das Bistum nach der Entpflichtung Walter Kaspers im Frühjahr 1999 bis zur Amtseinführung des damals neu gewählten Bischofs Gebhard Fürst im September 2000.
Die Rottenburger Bischofswahl richtet sich nach dem 1932 geschlossenen Badischen Konkordat. Demnach reicht das Rottenburger Domkapitel dem Heiligen Stuhl eine Liste „geeigneter Kandidaten“ ein.
Die Kandidatenliste des Domkapitels muss der Vatikan „würdigen“. Übersetzt heißt das, dass sich der Vatikan an den Vorschlägen orientieren oder sie ignorieren kann. Eine wichtige Rolle hinter den
Kulissen spielt der Vatikanbotschafter in Deutschland, Nuntius Nikola Eterovic. „Weder die Rottenburger Vorschläge noch der Bericht des Nuntius sind für den Heiligen Stuhl bindend“, erläutert das
Bistum. „Der Papst erstellt eine eigene Liste mit drei Kandidaten, die er für geeignet hält.“
Auf dieser Liste („Terna“) muss laut dem Badischen Konkordat mindestens ein Priester der Diözese Rottenburg-Stuttgart unter den Kandidaten sein. Ist die Liste aus Rom in Rottenburg eingetroffen,
kommt das Domkapitel - das aus elf Domkapitularen besteht, zu denen auch die drei Weihbischöfe der Diözese zählen - zur Bischofswahl zusammen. „Binnen dreier Monate“ müsse dann „in freier,
gleicher und geheimer Wahl“ ein neuer Bischof gewählt werden, so das Bistum.
Der neue Bischof muss laut Kirchenrecht mindestens 35 Jahre alt und seit mehr als fünf Jahren Priester sein. Und er muss sich durch „festen Glauben, gute Sitten, Frömmigkeit, Lebensweisheit und
Klugheit auszeichnen“. Fürst hatte am Samstag noch einen Tipp für seinen Nachfolger: „Man muss die Menschen und die Diözese mögen.“ Und man müsse „Kuddl“ haben, schwäbisch für Ausdauer.
Mit dem Ausscheiden von Fürst ist ein vierter Bischofsstuhl in Deutschland unbesetzt. Vakant sind - teilweise seit mehr als einem Jahr - die Bischofssitze in Bamberg, Paderborn und Osnabrück. Die
Neubesetzung dürfte auch zu einer kirchenpolitischen Richtungsentscheidung seitens des Vatikans werden.
Die Initiative Maria 2.0 in der Diözese Rottenburg-Stuttgart hat außerdem einen - vom Kirchenrecht allerdings nicht gedeckten - Vorschlag. Sie konzipierte eine ungewöhnliche „Stellenanzeige“, in
der es heißt: „Wir suchen eine neue Bischöfin/einen neuen Bischof (w/m/d) für die Diözese Rottenburg-Stuttgart.“ Maria 2.0 wehre sich damit „gegen die fehlende Gleichberechtigung von Frauen bei
der Ämterbesetzung“. In der Anzeige heißt es jedoch auch: „Leider dürfen wir nicht ausschreiben und mitbestimmen - wird alles hinter verschlossenen Türen entschieden!“