Dachau (KNA) – Orientalisch, neapoletanisch, alpenländisch - das Aufstellen einer Krippe zu Weihnachten ist eine alte Tradition überall dort, wo der christliche Glaube beheimatet ist. Und entgegen rückläufiger Zahlen an Kirchenmitgliedern scheint dieser Brauch in deutschen Wohnzimmern beständig zu sein. Krippenbauer Thomas Babinsky spricht sogar von neuer Beliebtheit.
Schon fast 300 Personen stehen auf der Warteliste für einen der Krippenbaukurse, die er und seine drei Mitstreiter Josef Kugler, Hans Angerer und David Seifert von den Ampertaler Krippenfreunden in der Adventszeit anbieten. Etwas über zehn Jahre ist es her, dass der 40-jährige Betriebswirt seine erste Weihnachtskrippe konstruiert hat. Seit 2015 bringt er in der Vereinswerkstatt in Dachau bei München das Handwerk unter die Leute.
Eine zutiefst religiöse Angelegenheit, die jedoch die wenigsten seiner Schüler noch mit dem christlichen Glauben verbinden. «Das Thema ist ganz schwierig», berichtet Babinsky, «da haben die meisten keinen Bock drauf.» Bei den sechswöchigen Kursen stünden Geselligkeit und Begeisterung für das Handwerk im Vordergrund. Er selbst und auch seine drei Kinder sind zwar katholisch getauft, aber auch er habe inzwischen ein sehr gespaltenes Verhältnis zur Institution Kirche. «Ich glaube an die Liebe und das Gute und damit auch an Gott. In die Kirche gehe ich allerdings nicht mehr», erklärt der gebürtige Bayer.
Dabei bleibt die Krippendarstellung zu Hause eine urkatholische Angelegenheit, weiß Brauchtumsforscher und Theologe Manfred Becker-Huberti. «Was die Krippe in katholischen, war der Weihnachtsbaum in protestantischen Haushalten. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts hat man die Bräuche der anderen übernommen.» Bis heute werden Krippen zu Weihnachten vor allem von Eltern für ihre Kinder aufgestellt, um auf diesem Weg das damalige Geschehen begreifbar zu machen, erklärt der Experte. «Viele Krippen sind Erbstücke, die seit Generationen in der Familie weitergegeben werden.»
Dementsprechend wollten die Menschen auch keine vorgefertigte Massenware, sondern hätten den Ehrgeiz, selbst eine Krippe zu bauen, sagt Becker-Huberti - eine gute Erklärung für die große Nachfrage nach Krippenbaukursen. «Heute haben alle ausreichend Werkzeug, vorgefertigte Einzelteile und Baupläne zur Verfügung.»
Etwas schaffen, was bleibt: Das sei für viele der Antrieb, bestätigt Thomas Babinsky. «Für die meisten meiner Schüler gehört die Krippe zu Weihnachten einfach dazu. Es bringt ihnen auch ein Kindheitsgefühl zurück.» In der hektischen Vorweihnachtszeit sei der Kurs für viele auch eine Art Entspannung: Es wird gemeinsam gewerkelt und anschließend das eine oder andere Bier getrunken. Er habe schon 55 «Wiederholungstäter», schmunzelt er. Denen hat es so gut gefallen, dass sie eine zweite Krippe bauen wollten.
Interessant zu beobachten sei, dass Frauen anders bauen als Männer. «Frauen sind besser darin, weil sie intuitiv und ohne Wasserwaage bauen, nicht alles auf den Millimeter genau abmessen. Darauf kommt es beim Krippenbau nämlich nicht an. Es geht vielmehr um Liebe zum Detail und um Ästhetik.» Welchem Stil die eigene Krippe entsprechen soll, das sei reine Geschmackssache.
Einmal im Jahr fahren die Mitglieder der Ampertaler Krippenfreunde zum «Kripperlschaun» nach Tirol, um andere Vereine zu besuchen. Dort sei das Krippenbauen in Vereinen weitaus stärker verbreitet als in Deutschland, sagt Babinsky.
Bis zum 18. Jahrhundert standen Krippen nur in den Kirchen, berichtet Theologe Becker-Huberti. Nur reiche Adlige und Kaufleute konnten sich eine Privat-Krippe erlauben. Das änderte sich erst, als Krippen während der Aufklärung staatlicherseits verboten wurden. Zu dieser Zeit beschafften sich Bürger, die es sich leisten konnten, Krippen aus Gegenden, in denen Bauern sich abseits der Feldarbeit einen Nebenverdienst durch den Krippenbau erwarben - Tirol und Oberbayern.