Zürich/Bonn (KNA) – Bernhard Schlink (79), Bestsellerautor, emeritierter Juraprofessor und Pfarrerssohn, zeigt sich unzufrieden mit dem Zustand der Kirchen. "In den Gottesdiensten rufen Liturgie, Gebete und Lieder nach wie vor Gott, Jesus und den Heiligen Geist an, wirken aber seltsam leer, weil die Predigten meistens von den Dingen der Welt handeln und allenfalls therapeutische Ratschläge geben", kritisierte er im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "So werden Gottesdienste belanglos."
Weiter sprach er sich für eine stärkere Zusammenarbeit von katholischer und evangelischer Kirche aus: "Wenn die Kirchen die zunehmende Entkirchlichung und Entchristlichung nicht hinnehmen wollen, müssen sie eine größere Nähe zueinander finden", sagte Schlink. "Aber um sich der Nähe zur evangelischen Kirche zu öffnen, müsste sich die katholische Kirche in ihrem Inneren öffnen, und das kann sie nicht", so der Sohn des evangelischen Theologen Edmund Schlink, Gründer des ersten Ökumenischen Instituts an einer deutschen Uni.
Er äußerte sich zum Erscheinen seines neuen Romans "Das späte Leben" an diesem Mittwoch. Darin befasst sich die Hauptfigur Martin Brehm nach einer Krebsdiagnose mit dem Tod, mit Glaube und Kirche. "Man kann an einen allmächtigen Gott glauben, der den Gang der Welt den Entscheidungen und Handlungen der Menschen überlässt", sagte Schlink dazu. "Aber man kann nicht an die Allmacht Gottes und daran glauben, dass er in den Gang der Welt gar nicht mehr eingreifen kann. Wenn er eingreifen könnte und nicht eingreift, trägt er die Verantwortung für die Welt", so der Professor.
Zu möglichen Jenseitsvorstellungen, über die die Hauptfigur Martin mit seinem kleinen Sohn David spricht, sagte Schlink: "Ich habe keine Vorstellung von einem Himmel und keine Erwartung an einen Himmel." Der Vater wolle die kindliche Hoffnung seines Sohns, wer sterbe, komme irgendwann wieder, nicht zerstören - "sei das pädagogisch richtig oder falsch".